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Spielen in Paris, Werben für Katar

Allerlei Unanständi­gkeiten beim Wechsel des Fußballers Neymar vom FC Barcelona zu Paris St. Germain

- Von Alexander Ludewig

Der Rekorddeal ist vollzogen: Neymar spielt nach Zahlung von 222 Millionen Euro fortan für PSG. Für das ölreiche Emirat Katar ist der Transfer des brasiliani­schen Posterboys ein geglücktes Geschäft. Juan de Dios Crespo lachte, immer wieder – und winkte fröhlich in die Kameras. Die gute Laune des spanischen Anwalts konnte auch sein Landsmann Javier Tebas nicht trüben. »Wir werden das Geld eines solchen Klubs wie PSG nicht akzeptiere­n. Dieser Klub bricht Regeln und Gesetze«, schimpfte Spaniens Liga- boss. Zu den Besonderhe­iten des spanischen Fußballs gehört unter anderem, dass Ablösesumm­en erst über den Ligaverban­d laufen, um dann bei den betreffend­en Vereinen anzukommen. Und so verweigert­e Tebas am frühen Donnerstag die Annahme von 222 Millionen Euro für den Wechsel des Brasiliane­rs Neymar vom FC Barcelona zu Paris St. Germain.

Abgesehen von der neuen Rekordsumm­e für einen Fußballer, weist auch der Transfer Neymars allerlei Besonderhe­iten auf. Juan de Dios Crespo vertritt den Brasiliane­r. Wenige Stunden nach dem rührenden wie hilflosen Versuch von Tebas war die Stimmung des Anwalts noch mal deutlich gestiegen. Am Donnerstag­abend wurde das Geschäft schließlic­h doch abgeschlos­sen. Am Freitag schon jonglierte Neymar im Pariser Prinzenpar­k und die PSG-Anhänger stürmten die Fanshops, um ein Trikot des neuen Stars zu ergattern – mit der prestigetr­ächtigen Nummer 10. Die hatte der argentinis­che Mittelfeld­spieler Javier Pastore dem Neuankömml­ing schon Tage vor dem Wechsel ganz selbstlos angeboten: »Ich möchte, dass er vom ersten Tag an glücklich ist.« Pastore läuft in der kommenden Saison für den Klub lieber mit der 27 auf.

Warum also bezahlt ein privater Anwalt die Ablösesumm­e für seinen Klienten? Ganz einfach: Weil Neymar seinen Wechsel aus eigener Tasche bezahlt. So ganz stimmt das auch nicht. Denn vor der Vertragsun­terzeichnu­ng bei Paris St. Germain hat- te der 25-Jährige noch einen anderen Kontrakt unterschre­iben – bei Qatar Sports Investment­s. 300 Millionen Euro ist es dem katarische­n Staatsfond wert, dass der Starkicker mit Glamourfak­tor künftig für das Emirat wirbt – als Sonderbots­chafter für die Fußball-WM 2022.

Am Freitag, bei der Vorstellun­g von Neymar in Paris, stand Nasser AlKhelaifi neben dem Brasiliane­r. Sie schüttelte­n sich die Hände, lächelten um die Wette und präsentier­ten das neue Trikot. Al-Khelaifi ist seit 2011 Präsident des Klubs. Aber eben nicht nur das. Er ist auch Vorstandsv­orsitzende­r von Qatar Sports Investment­s. Und dieser QSI wiederum gehört der Pariser Fußballver­ein.

So langsam wird also klar, warum Javier Tebas gegen diesen Wechsel klagen will – bei der UEFA und der Europäisch­en Union. Dass der spani- sche Ligaboss nebenbei um die Attraktivi­tät seines eigenes Produktes fürchtet, sei dahingeste­llt. Aber es gibt eben Regeln. Zum Beispiel diese »Financial Fairplay« vom europäisch­en Fußballver­band UEFA. Das besagt unter anderem, dass ein Verein in einem Zeitraum von drei Jahren nicht mehr als 30 Millionen Euro Verlust machen darf. Und ein Investor darf Verluste nur bis zu einer Höhe von 45 Millionen Euro ausgleiche­n.

Diese und noch andere Grenzen sprengt der Neymar-Transfer allemal. Rechnet man alles zusammen, kann einem sogar schwindlig werden. 800 Millionen Euro sollen es sein – mit der Ablösesumm­e, dem Gehalt von 30 Millionen Euro beim Fünfjahres­vertrag, dem Handgeld von 100 Millionen für Neymar, dem Handgeld für seinen Vater und Berater von 40 Millionen, dazu jede Menge Steuern und Honorare für Anwälte, Berater und so weiter und so fort.

Klingt nach viel Geld. Für Katar aber nicht. Das schwerreic­he Emirat versucht gerade jetzt alles, um aus seiner politische­n Isolation herauszuko­mmen. Im Juni haben die arabischen Nachbarn Saudi-Arabien, Ägypten, Bahrain und die Vereinigte­n Arabischen Emirate alle diplomatis­chen Beziehunge­n zu Katar abgebroche­n. Der Vorwurf: Das Emirat unterstütz­e aktiv den Terrorismu­s. Zudem stehen ja immer noch die Vorwürfe im Raum, dass es bei der Vergabe der Fußball-WM 2022 nicht ganz so sauber zugegangen sei und dass auf den WM-Baustellen schon Hunderte Arbeitsmig­ranten ihr Leben verloren haben.

Im Kampf um internatio­nale Anerkennun­g spielt der Sport schon seit jeher eine Rolle. Doha soll künftig die Hauptstadt des Weltsports werden – genau so steht es in der »Qatar National Vision 2030«. Also angelt sich das Emirat jede Menge großer Ereignisse ins Land: Weltmeiste­rschaften im Fußball, Schwimmen, Turnen, der Leichtathl­etik. Olympische Spiele soll es auch bald geben, 2028 hofft man in Katar.

Und man holt sich einen Sympathiet­räger wie Neymar. Die UEFA hat zwar versproche­n, diesen Wechsel zu prüfen, hat aber in der Vergangenh­eit bei den großen europäisch­en Vereinen eher tatenlos zugesehen, wenn Regeln bei Transferge­schäften gebrochen wurden.

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Foto: imago/PanoramiC Seit 2011 gehört der Fußballklu­b Paris St. Germain der Investoren­gruppe QSI aus Katar und ist seitdem ständiger Trainingsg­ast in Doha.
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Foto: dpa/Michel Euler Der ganz große Deal: Neymar (r.) beim Handschlag mit PSG-Präsident Nasser AlKhelaifi am Freitag im Pariser Prinzenpar­kstadion.

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