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Rettung für den Schiefen Koloss von der Stepenitz

Mecklenbur­g-Vorpommern: Das markante Speicherge­bäude in Dassow erhält eine neue Gründung

- Von Hagen Jung

Der schiefe Speicher von Dassow im Nordwesten Mecklenbur­g-Vorpommern­s soll nicht weiter sinken. Zwei Brüder sanieren das 156 Jahre alte Gebäude, wollen in ihm eine Pension und ein Restaurant einrichten. Irgendwann kippt der große Backsteink­lotz um – und fällt in sich zusammen. Autofahrer und Radler, die öfter auf der Bundesstra­ße 105 zwischen Mecklenbur­g-Vorpommern und Schleswig-Holstein unterwegs sind, mögen durchaus diesen Gedanken hegen beim Blick auf den alten Speicher in Dassow. Er steht schief und scheint im Laufe der Jahre immer schiefer zu werden. Wie der Turm von Pisa in Norditalie­n. Den hat man bislang durch Gegengewic­hte aus Blei vor dem weiteren Absinken bewahrt – in Dassow dagegen wird dazu Beton eingesetzt, in Form einer völlig neuen Gründung unter dem markanten Gemäuer. So wollen die Brüder Mark und Lars Semrau, beide Baufachleu­te aus dem nahen Kalkhorst, das 1861 entstanden­e Lagerhaus retten. Errichtet worden war es seinerzeit von der Unternehme­rfamilie Callies auf einem geschichts­trächtigen Areal. Auf ihm stand einst eine slawische Burg. Nach deren Zerstörung im Jahre 1262 entstand ein mittelalte­rlicher Trutzbau am selben Ort. Funde beim Bau des Speichers belegen dies, wie einem Bericht von 1862 zu entnehmen ist.

Die Familie Callies, die 1948 enteignet wurde, betrieb einst einen Holzund Landhandel. Sie besaß mehrere Speicher in Westmeckle­nburg, unter anderem in Klütz, dort gleich zwei. Der größere ist inzwischen abgerissen worden, der kleinere erinnert seit 2006 als »Literaturh­aus Uwe Johnson« an das Schaffen des 1984 verstorben­en Schriftste­llers.

Zurück nach Dassow. Schon den Planern des Speichers dürfte die Beschaffen­heit des Baugrundes nahe dem Fluss Stepenitz, die über die Trave die Ostsee erreicht, bekannt gewesen sein: nicht besonders stabil, eher weich, schluffig. Um das Lagerhaus dennoch in der Nähe des Hafens, direkt am Fluss hochziehen zu können, trieb man Holzpfähle tief in den Boden, bis in festere Schichten. Doch für diese Gründung war der Speicher mit seinen 500 Tonnen Gewicht dann doch zu schwer.

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Foto: Stefanie Dutschke Für sein Fundament zu schwer: Dassows 500-Tonnen-Speicher

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