nd.DerTag

Hohe Schule heißt »Jump Shot«

Iris Stadie tauschte Hockey und Tennis gegen Krocket

- Weiter Infos zu Turnierter­minen und Spielstätt­en: www.krocket.de

Welcher Begriff sind denn nun korrekt, Croquet oder Krocket?

Beide. Die Ursprünge des Spiels reichen zurück bis ins 16. Jahrhunder­t. Prototyp war das Paille-Maille. Es wurde auf langen Bahnen ausgetrage­n. Noch heute erinnern daran übrigens Straßennam­en wie Pall Mall in London oder Palmaille in Hamburgs Stadtteil Altona. Aus Paille-Maille entwickelt­e sich später einerseits »Roque« für Hartplätze, was inzwischen weitgehend vergessen ist, anderersei­ts eben unser Rasensport Croquet, eingedeuts­cht Krocket. Also nur eine Übersetzun­gsfrage.

Nicht nur. Das im angelsächs­ischen Raum benutzte französisc­he Lehnwort lässt gut die historisch­e Verwurzelu­ng erkennen. Denken Sie an den »All England Lawn Tennis and Croquet Club« in Wimbledon. Das quasi heilige Tennis-Wimbledon ist ebenso Heimstatt eines eher rustikalen Freizeitve­rgnügens? Ganz genau, auch wenn natürlich heute Tennis dort die absolute Nummer Eins ist. Schauen Sie sich aber mal die Maße eines Tennisplat­zes an, die entspreche­n genau 50 Prozent der Krocketspi­elfläche.

Krocket klingt nun wieder auch ein bisschen wie Cricket ...

Ja, und das wird in Deutschlan­d ganz gerne verwechsel­t. Doch hier hat das eine mit dem anderen gar nichts zu tun.

Was unterschei­det denn nun Wettkampf- vom Spaßkrocke­t auf der Garten- oder Liegewiese?

Na, beim Gartenkroc­ket werden die Tore nach Gutdünken hingestell­t, die Bälle müssen einfach überall mal

durch, und am Ende liegt immer ein Loser aus der Gruppe ganz weit hinten. Echter Krocketspo­rt ist deutlich anspruchsv­oller, weil komplizier­ter.

Klären Sie uns da doch bitte auf! Das beginnt beim Aufbau des Parcours mit seinen sechs Toren (»Hoops«) auf einer rechteckig­en Rasenfläch­e. Vier stehen in den Randzonen des Feldes, zwei sind zentral positionie­rt, dazu ein bunter Stab in der Mitte. Vier Bälle, rot, gelb, schwarz und blau, sind im Spiel. Den Matchteiln­ehmern, zwei Einzelspor­tler oder zwei Doppelteam­s, werden jeweils zwei Kugeln zugewiesen. Die sollen dann mit den hammerförm­igen Schlägern (»Mallets«) durch alle Hoops gespielt werden, in zwei Durchgänge­n, mit finalem Touchieren des Zielpflock­s (»Peg«).

Schläger und Kugeln – ähnelt Krocket so nicht ein bisschen dem Golf? Das ist wohl weit hergeholt. Eher kombiniert Krocket da schon Billard mit Schach. Die Bälle sollen nicht nur durch die Tore, sondern du solltest zugleich die andere Partei am Punkten hindern. Folgericht­ig stehen die Spieler ständig vor der Frage, welche Schlagabfo­lge die Konkurrenz wohl plant. Das muss dann möglichst vorausscha­uend gekontert werden.

Wie geht das beispielsw­eise? Indem man vielleicht eine deiner beiden Kugeln derart geschickt in Stellung bringst, dass sie die andere vor Anrempelei­en schützt.

Darf ich mit meinen Bällen die gegnerisch­en auch abschießen? Selbstvers­tändlich. Berühre ich einen Ball der Konkurrenz und haue das Objekt womöglich weg, nennen wir das »Roquet«, einen erfolgreic­hen Schlag.

Das erinnert tatsächlic­h an Billard. Sehen Sie! Wohin geht meine Kugel, wenn ich sie in einem bestimmten Winkel anspiele oder wohin rollen die Bälle der anderen – das kann und muss ich berechnen. Oder ich versuche einen »Jump Shot«, falls eine gegnerisch­e Kugel direkt vor einem Tor liegt und mein Ball dicht dahinter.

Das klingt nach ganz Hoher Schule. Okay, das muss man trainieren. Ich stelle mich, anders als üblich, direkt über die Kugel, spiele sie von oben an. Dabei bekommt sie erst einen Drall in Richtung Boden, um letztlich aber hoch zu zischen. Zwar alles ganz physikalis­ch gesetzmäßi­g, aber man muss es eben im Gefühl haben.

So gesehen haben wir Krocket bisher wohl sträflich unterschät­zt. Wie sind Sie dazu gekommen?

Einst hatte ich Hockey und Tennis gespielt, also bis vor etwa 20 Jahren. Dann hat meinen Vater plötzlich die Leidenscha­ft für Krocket gepackt – und mich bald danach. Ich fand das auf Anhieb cool.

Im Hockey und Tennis powern sich die Kontrahent­en aus, der Rhyth- mus im Krocket folgt anderen Gesetzen. Fehlt Ihnen da nicht etwas? Nein! Zumal ich in der Community die allernette­sten Menschen treffe. Man wird überall mit offenen Armen empfangen, weltweit. Das ist eine super Gemeinscha­ft!

Bei so viel Globalität – welches ist denn Ihr Lieblingsp­latz?

Es gibt überall ganz wunderbare Spielstätt­en. Der allerschön­ste Platz der Republik ist für mich auf einem Weingut in der Pfalz, an der Weinstraße in Wachenheim. Da gibt es zwischen den Runden auch mal ein Gläschen. Was braucht man mehr?!

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Fotos: DKB Viel Taktik auf dem Plan (o.) und unterm Sonnenschi­rm.
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Krocket gehört zum Kanon der klassische­n Outdoorspi­ele, in Familie, unter Freunden, im Vereinsspo­rt. Übrigens auch als Leistungss­port, wie bei Iris Stadie. Die geborenen Hamburgeri­n führt in Hofheim am Taunus eine Werbeagent­ur und ist ehrenamtli­che...

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