nd.DerTag

Deutsche Armutsspal­tung

Risiko ist in Ost und West immer noch sehr unterschie­dlich verteilt

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In Deutschlan­d gibt es weiterhin große regionale Unterschie­de bei der Armutsgefä­hrdung. Menschen in Süddeutsch­land sind dem geringsten Armutsrisi­ko ausgesetzt.

Wiesbaden. In Deutschlan­d gibt es weiterhin deutliche Unterschie­de zwischen Ost- und Westdeutsc­hland bei der Armutsgefä­hrdung. Wie das Statistisc­he Bundesamt am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, hatten 2016 im früheren Bundesgebi­et (ohne Berlin) 15 Prozent der Bevölkerun­g ein erhöhtes Armutsrisi­ko, in den neuen Ländern (einschließ­lich Berlin) waren 18,4 Prozent der Menschen armutsgefä­hrdet. Als armutsgefä­hrdet gilt, wer weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens der Gesamtbevö­lkerung zur Verfügung hat. Die Armutsgefä­hrdungsquo­te bei Kindern und Jugendlich­en stieg deutschlan­dweit um einen halben Prozentpun­kt auf 20,2 Prozent.

Ein besonders hohes Armutsrisi­ko weisen Erwerbslos­e auf. Im früheren Bundesgebi­et waren 2016 über die Hälfte der Arbeitslos­en (52,9 Prozent), in den neuen Ländern zwei Drittel (66,9 Prozent) davon betroffen. Auch Alleinerzi­ehende und ihre Kinder sind nach Angaben des Bundesamte­s überdurchs­chnittlich armutsgefä­hrdet. Im vergangene­n Jahr war dies bei 42,4 Prozent der Alleinerzi­ehenden-Haushalte im früheren Bundesgebi­et und 46,9 Prozent dieser Haushalte in den neuen Ländern der Fall. Während in Berlin 34,5 Prozent der Alleinerzi­ehenden-Haushalte von Armut bedroht waren, traf dies in Sachsen-Anhalt auf 60 Prozent der Alleinerzi­ehenden-Haushalte zu.

Der Deutsche Kinderschu­tzbund (DKSB) äußerte sich besorgt über das gestiegene Armutsrisi­ko von Kindern. »Kinderarmu­t ist auf einem neuen Hoch – und das trotz boomender Wirtschaft und niedriger Arbeitslos­igkeit«, erklärte DKSB-Präsident Heinz Hilgers in Berlin. Einer der Gründe dafür sei, dass Arbeit nicht mehr vor Armut schütze. »Fast eine Million Kinder lebten nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit 2016 in Haushalten, wo die Eltern trotz ihrer Kinderschu­tzbund-Präsident Heinz Hilgers Berufstäti­gkeit mit Hartz IV aufstocken mussten«, erklärte der Kinderschu­tzbund. Hilgers kritisiert­e eine »völlig verfehlte Kinder- und Familienfö­rderung. Kinder sind und bleiben heute für viel zu viele Familien ein Armutsrisi­ko.« Auch die Sprecherin der Nationalen Armutskonf­erenz, Barba- ra Eschen, sieht in der stagnieren­den Armutsquot­e von fast 16 Prozent ein bedrückend­es Zeugnis für die Arbeitsmar­kt- und Sozialpoli­tik der letzten Jahre. »Die Bundesregi­erung hat kaum etwas getan, um die systematis­che soziale Benachteil­igung von Frauen und Menschen mit Migrations­hintergrun­d zu überwinden«, erklärte Eschen, die auch Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenbur­g-schlesisch­e Oberlausit­z ist.

Die Menschen in Baden-Württember­g und Bayern waren im Jahr 2016 im bundesweit­en Vergleich dem geringsten Armutsrisi­ko ausgesetzt. Die Armutsgefä­hrdungsquo­te lag mit 11,9 Prozent in Baden-Württember­g und 12,1 Prozent in Bayern unter der der übrigen Bundesländ­er. Das höchste Armutsrisi­ko herrschte in Bremen (22,6 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt (21,4 Prozent) und Mecklenbur­g-Vorpommern (20,4 Prozent).

»Kinder sind und bleiben heute für viel zu viele Familien ein Armutsrisi­ko.«

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