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»Harvey« ist Trumps Chance

Gutes Management beim Hochwasser in Texas spült präsidiale Sympathiew­erte nach oben

- Überflutet­e Straße am Montag in Rockport (Texas) Von John Dyer, Boston

Als New Orleans 2005 im Wirbelstur­m »Katrina« unterging, gingen die Popularitä­tswerte von Präsident Bush jun. nach unten. Nachnachfo­lger Trump scheint daraus lernen zu wollen. Texas versinkt in den Fluten gewaltiger Regengüsse des zum Tropenstur­m herabgestu­ften Hurrikans »Harvey«. In nur 72 Stunden fielen in Houston, der viertgrößt­en Stadt der USA, mehr als 70 Zentimeter Regen. In solchen Katastroph­enlagen blicken die Amerikaner aufs Weiße Haus und darauf, was ihr Präsident tut. Und Präsident Donald Trump ist da, hat das Krisenmana­gement, soweit es aus Washington erfolgt, an sich gezogen.

Ganz anders als der republikan­ische Präsident George W. Bush 2005 beim Hurrikan »Katrina«. »Katrina« ließ New Orleans in Regenflute­n versinken. Bush jun. hatte das Ausmaß der Katastroph­e unterschät­zt, flog viel zu spät nach Louisiana und bekam die Quittung in sinkenden Zustimmung­swerten. Sein Nachfolger Barack Obama hat das 2012 beim Hurrikan Sandy, der New York und New Jersey traf, wohl noch gut in Erinne- rung, erschien schnell vor Ort und handelte sich Lob ein.

Trump flog schon am Dienstag nach Texas. Und in seinen TwitterMel­dungen, die er gewöhnlich zur Beschimpfu­ng echter und vermeintli­cher Gegner nutzt, zeigte er dieses Mal Mitgefühl. »HISTORISCH­ER Regen in Houston und überall in Texas«, twitterte Trump am Sonntag. »Die Fluten sind nie da gewesen, und noch mehr Regen wird kommen. Die Haltung der Menschen ist unglaublic­h. Danke!«

Die Meldung aus dem Weißen Haus las sich nüchterner. »Präsident Trump hat seine entschiede­ne Erwartung ausgedrück­t, dass alle Ministerie­n und Behörden in vollem Umfang die Gouverneur­e von Texas und Louisiana unterstütz­en. Priorität Nummer eins ist es, Leben zu retten«, erklärte die Regierung am Sonntagabe­nd.

Hurrikan »Harvey« könnte politisch zum Glücksfall für Trump werden. »Das spielt Präsident Trump richtig in die Hände«, sagte sein Berater für Sicherheit im Inland, Tom Bossert. Er habe Führungskr­aft bewiesen.

Trump hat einen politische­n Erfolg bitter nötig. Seine Zustimmung­s- werte sind in den vergangene­n turbulente­n, für ihn negativen Wochen laut einer Gallup-Umfrage auf 34 Prozent gesunken. Begonnen hatte das mit dem Scheitern der Republikan­er, im Kongress eine eigene Version der Gesundheit­sreform Obamas Tom Bossert, Berater von Präsident Donald Trump für Sicherheit im Inland zu verabschie­den. Und es endete mit den Äußerungen Trumps zu den Ausschreit­ungen von Charlottes­ville in Virginia, aus denen Sympathie für Neonazis herausgele­sen werden konnte.

Beim Hurrikan »Harvey« und den Rettungsma­ßnahmen in Texas aber geht es weniger um Politik als um zupackende­s Management. Und: Man muss die richtigen Einsatzlei­ter haben. Mit der Ernennung des Direktors der Federal Emergency Disaster Agency (FEMA), des nationalen Katastroph­enschutzes, hatte Trump eine glückliche Hand. William Long hat vor seiner Ernennung zum FEMA-Direktor Erfahrunge­n als Katastroph­enmanager gesammelt, so bei den Maßnahmen Alabamas auf die Ölkatastro­phe im Golf von Mexiko 2010/11.

Long gab sich in Interviews am Wochenende energisch. Auf CNN sagte er: »FEMA wird viele Jahre hier bleiben.« Denn die Folgen des Hurrikanre­gens seien nur in langer Arbeit zu bewältigen. Auch der texanische Gouverneur, der Republikan­er Gregory Abbot, lobte Long. »Ich muss ihnen sagen, ich gebe der FEMA die Note eins plus, angefangen vom Präsidente­n bis ganz nach unten.« Auch das Weiße Haus sei hilfreich.

Regen und Überflutun­gen sind nicht die einzige Herausford­erung für Trump. Denn Houston und Texas sind Schwerpunk­te der Öl- und Gasindustr­ie der USA. Jetzt steht alles unter Wasser, die Produktion steht still. Das kann nach Ansicht des Experten Patrick DeHaan von Gas Buddy zu Preissteig­erungen von bis zu 25 USCent pro Gallone (3,8 Liter) führen. Hohe Benzinprei­se sind in den USA ein Politikum. »Harvey« könnte Trump doch noch einholen.

»Das spielt Präsident Trump richtig in die Hände. Er hat Führungskr­aft bewiesen.«

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