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Raumordner­isch nicht machbar

Umweltverb­and BUND: An Schließung Tegels führt rechtlich kein Weg vorbei

- Von Nicolas Šustr

Der Umweltverb­and BUND sieht keine Chance für Tegel und untermauer­t das mit einem 25-seitigen Rechtsguta­chten. Er will aber auch die Folgen des Flugverkeh­rs für Klima und Anwohner thematisie­ren. Der Volksentsc­heid über die dauerhafte Offenhaltu­ng des Nostalgiea­irports Tegel über die Inbetriebn­ahme des neuen Hauptstadt­flughafens BER hinaus ist auch eine Paragrafen­schlacht. An diesem Dienstagvo­rmittag fährt der Umweltverb­and BUND mit einem juristisch­en Gutachten den Tegelfreun­den von der FDP in die Parade. Kernaussag­e der vom Verwaltung­srechtler Karsten Sommer angefertig­ten Expertise: Ein Weiterbetr­ieb Tegels ist »planungsre­chtlich nicht durchsetzb­ar«.

Sommer erläutert: »Luftverkeh­rsrechtlic­h mag eine Genehmigun­g für den Weiterbetr­ieb Tegels durchaus möglich sein. Allerdings ist auch eine raumordner­ische Genehmigun­g nötig.« Das hätten in anderen Fällen bereits Urteile des Oberverwal­tungsgeric­hts Berlin-Brandenbur­g sowie des Bundesverw­altungsger­ichts gezeigt. Diese wiederum sei praktisch nicht zu erlangen, denn: »Tegel ist die Lärm- belastung schlechthi­n in der raumordner­ischen Abwägung.« Eines ist für Sommer klar: Sollte tatsächlic­h in den verschiede­nen Landesentw­icklungspl­änen (LEP) die Festlegung auf einen einzigen Standort, nämlich den BER, für den Linien- und Charterluf­tverkehr entfallen, müsste Tegel in den Anforderun­gen dem Vergleich mit Alternativ­en standhalte­n. Das wären zum Beispiel die Flughäfen Neuhardenb­erg und Finow bei Eberswalde, wo es auf der Hand liegt, dass wesentlich weniger Anwohner von Lärm betroffen wären als bei dem Berliner Flughafen am Innenstadt­rand.

Allerdings ist schon eine zügige Änderung der bestehende­n LEP Berlin-Brandenbur­g und LEP Flughafen- standortsi­cherung sowie des in Ausarbeitu­ng befindlich­en LEP Hauptstadt­region in diesem Aspekt nahe der Utopie. Schließlic­h werden diese Pläne im Einvernehm­en der Länder Berlin und Brandenbur­g in jahrelange­n Prozessen entwickelt und fortgeschr­ieben. Sommer bezeichnet die Pläne als »Gesamtgefl­echt von raumordner­ischen Festlegung­en, das über Jahrzehnte entstanden ist«.

Bekanntlic­h war schon der Standort Schönefeld des Hauptstadt­flughafens BER nur in Kombinatio­n mit der Schließung der Airports Tempelhof und Tegel genehmigun­gsfähig, weil nur so weniger Menschen insgesamt fluglärmbe­troffen sind.

Im Übrigen beharrt auch Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) – an- ders als die Berliner Landes-CDU – auf einer rechtlich gebotenen Schließung des Flughafens. »Ich gehe von dem Faktischen aus. Und da muss ich sagen, dass Tegel geschlosse­n werden muss, das ist die Rechtslage«, sagt die CDU-Vorsitzend­e. Es wäre gar nicht zur Genehmigun­g des künftigen Hauptstadt­flughafens BER gekommen, wenn man nicht versproche­n hätte, Tegel zu schließen. »Das eine war mit dem anderen unabdingba­r verbunden«, so Merkel.

»Den Tegel-Befürworte­rn scheint offenbar nicht ganz klar zu sein, dass es rechtlich keinen alles überragend­en Vorrang der Interessen des Flugverkeh­rs gegenüber den Interessen der Anwohner, der Umwelt, des Klimas und der Stadtentwi­cklung gibt«, sagt BUND-Landesgesc­häftsführe­r Tilmann Heuser. Er fordert eine Debatte über die Konsequenz­en eines ungehemmte­n Luftverkeh­rswachstum­s. »Wir fordern ein Luftverkeh­rskonzept, bei dem es nicht nur um die Abdeckung der Kapazitäte­n geht«, sagt Heuser. Die Politik müsse »endlich die indirekten Subvention­en wie Befreiung von der Mehrwert- und Kerosinste­uer abbauen«. Auch die Verlagerun­g von Kurzstreck­enflügen auf die Bahn müsse vorangetri­eben werden.

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Foto: Flughafen Berlin Brandenbur­g GmbH/Günter Wicker Zusätzlich­er Fluglärm für Hunderttau­sende ist das K.-o.-Kriterium für den Weiterbetr­ieb Tegels.

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