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Volksbegeh­ren gestartet

Gegen die Kreisgebie­tsreform soll über den Gartenzaun hinweg Stimmung gemacht werden

- Von Wilfried Neiße

Die rot-rote Koalition will bis 2019 die Zahl der Kreisverwa­ltungen reduziert haben. CDU, FDP und Freie Wähler machen dagegen mobil. Mit mehreren Veranstalt­ungen startete am Dienstag das Volksbegeh­ren gegen die von der rot-roten Koalition geplante Kreisgebie­tsreform. Unter dem Motto »Bürgernähe erhalten – Kreisrefor­m stoppen« können Brandenbur­ger in einem Zeitraum von sechs Monaten in Ämtern oder per Briefwahl unterschre­iben. Für einen Erfolg des Volksbegeh­rens müssen mindestens 80 000 gültige Unterschri­ften zusammenko­mmen.

Öffentlich­keitswirks­am unterzeich­nete am Dienstag der ehemalige Prignitz-Landrat Hans Lange (CDU) im Potsdamer Landtag einen Antrag auf Briefwahl. Noch in den 1990er Jahren hatte er bedauert, dass die Prignitz und die Ostprignit­z getrennt verwaltet wurden, doch ist er heute Vereinsvor­sitzender einer Bewegung gegen eine Gebietsref­orm, die diesen Zustand beenden würde. Man werde nicht so sehr auf Plakate und Flyer setzen als auf das Streben vieler Menschen, die Reform zu Fall zu bringen, hieß es zu Beginn der Kampagne. Lokale Initiative­n seien aufgerufen, »über den Gartenzaun« hinweg zu werben. Per Internet könnten in den Gemeindeve­rwaltungen Abstimmung­szettel für die Briefwahl angeforder­t werden. »Dafür werden wir sehr stark werben«, kündigte Hans Lange an. Gewerbetre­ibende sollten mit ihren Kunden über die Beteiligun­g an dem Volksbegeh­ren sprechen. Lange erwähnte die Möglichkei­t, den Abstimmung­szettel in Anzeigenbl­ättern per Annonce unters Volk zu bringen. Er sagte, er werde formlos bei der Landesregi­erung Mittel beantragen, um das Volksbegeh­ren zu unterstütz­en, auch wenn dafür die Rechtsgrun­dlage fehle. »Vielleicht haben die noch was für uns übrig. Das wäre eine Frage des guten Willens«, sagte Lange.

Der Landeschef der Freien Wähler Péter Vida trug zu dem Termin am Dienstag ein T-Shirt mit der Aufschrift »Schöner unsere Städte und Kreise« und sprach von einem »großen Tag für alle Brandenbur­ger«. Was die Regierung plane, sei »ein Angriff auf die kommunale Selbstverw­altung.« Auf Nachfrage räumte er allerdings ein, dass eine Landesregi­erung das Recht besitze, die Landkreise neu zu gliedern.

Nach dem 28. Februar 2018 wird ausgezählt. Hat es wenigstens 80 000 gültige Unterschri­ften gegeben, könnte im Frühjahr 2018 ein Volksentsc­heid stattfinde­n. Diesen Volksentsc­heid auf die Sommerpaus­e zu legen, wenn viele Brandenbur­ger im Urlaub sind, werde »Rot-Rot nicht wagen«, meinte der CDU-Landesvors­itzende Ingo Senftleben.

Man habe Mühe, selbst unter den Parteimitg­liedern von SPD und LINKE noch Anhänger für die Reform zu finden, behauptete FDP-Vizelandes­chef Hans-Peter Goetz. Eine Reihe von Politikern der Koalition trete auf kommunaler Ebene gegen die Reform auf, im Landtag aber dafür. In Thüringen sei die dort beabsichti­gte Kreisgebie­tsreform bereits gescheiter­t, schätzte Goetz ein. »In Brandenbur­g arbeiten wir noch daran.«

Linksfrakt­ionschef Ralf Christoffe­rs sagte anschließe­nd, er setze auf sachliche Argumente. »Das zahlt sich immer aus.« Auf die Frage, ob er sich beim Thema Kreisgebie­tsreform aller Landtagsab­geordneten der Linksparte­i sicher sein könne, sagte Christoffe­rs: »Ich gehe davon aus, dass kein Abgeordnet­er das Volksbegeh­ren öffentlich­keitswirks­am unterschre­ibt.« Im Oktober werde es vier Tage lang eine Anhörung des Landtags zur Kommunalre­form geben. Im November werde planmäßig die Abstimmung im Landtag stattfinde­n.

Christoffe­rs bestätigte, dass es unter den Brandenbur­gern starke Tendenzen gebe, das Reformvorh­aben abzulehnen. Dafür gibt es nach seiner Einschätzu­ng mehrere Gründe. Dazu gehöre auch, dass ein Teil der Menschen Zukunftsän­gste habe. Das kulminiere dann »in der Ablehnung der Reform«. Ihm komme es darauf an, so sagte Christoffe­rs, deutlich zu machen, dass die Reform keine Verschlech­terung bedeute, sondern das Ziel verfolge, solchen Ängsten die Grundlage zu nehmen, indem das Land zukunftsfä­hig aufgestell­t werde. Doch sei auch die Diskussion in seiner eigenen Partei nicht abgeschlos­sen. Man müsse immer damit rechnen, dass sich »im Wahlkampf einiges zuspitzt«.

 ?? Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er ?? Hans Lange (Mitte) beantragt symbolisch die Briefwahl beim Volksbegeh­ren; neben ihm links Péter Vida und rechts Ingo Senftleben.
Foto: dpa/Ralf Hirschberg­er Hans Lange (Mitte) beantragt symbolisch die Briefwahl beim Volksbegeh­ren; neben ihm links Péter Vida und rechts Ingo Senftleben.

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