nd.DerTag

Nix zu verlieren

Rainer Balcerowia­k über kollektive Arbeitsabs­enz bei Air Berlin

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Voraussich­tlich noch im September wird die Entscheidu­ng fallen, wie das Geschäft der insolvente­n Fluggesell­schaft Air Berlin aufgeteilt wird. Klar ist allerdings schon jetzt, wer die Verlierer dieses Geschacher­s sein werden: die Beschäftig­ten. Ihnen drohen entweder der Verlust des Arbeitspla­tzes oder erhebliche Gehaltsein­bußen.

Die involviert­en Gewerkscha­ften ver.di, UFO und Cockpit haben in dem Prozess eine recht klägliche Rolle gespielt. Ihnen liegt die Vertretung ihrer relativ gut abgesicher­ten Kernklient­ele bei der Lufthansa und deren Töchtern offenbar mehr am Herzen als der Kampf für eine Gesamtlösu­ng bei Air Berlin. Außer hilflosen Appellen war in dieser Hinsicht wenig zu vernehmen.

Das ist kein Einzelfall. Vor einigen Monaten hat die IG Metall einen Tarifvertr­ag abgeschlos­sen, der die Verlängeru­ng von prekären Leiharbeit­sverhältni­ssen auf bis zu 48 Monate beinhaltet. Dies soll wohl als Puffer für den im Falle einer konjunktur­ellen Krise möglichen Arbeitspla­tzabbau bei den Kernbelegs­chaften dienen. Und auch ver.di hat der Prekarisie­rung von Arbeitsver­hältnissen bei vormals staatliche­n Unternehme­n wie der Deutschen Post weitgehend tatenlos zugesehen.

Dass es auch anders geht, hat die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL) gezeigt. Sie hat 2013 einen flächendec­kenden Betreiberw­echsel-Tarifvertr­ag durchgeset­zt, der allen Beschäftig­ten nicht nur die Übernahme in ein neues Unternehme­n garantiert, sondern auch ihre bisherige Eingruppie­rung anhand der Berufserfa­hrung.

Es wäre zwar komplizier­t, dies auf den Betrieb von Flugverbin­dungen durch ein neues Unternehme­n zu übertragen. Unmöglich ist es aber nicht. So gesehen war die kollektive Arbeitsabs­enz vieler Air-Berlin-Beschäftig­ter auch eine Reaktion auf das Versagen ihrer Gewerkscha­ften. Zu verlieren haben sie bei Air Berlin ohnehin nichts mehr. Ein paar arbeitsfre­ie Tage seien ihnen daher von Herzen gegönnt.

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