nd.DerTag

Rostige Schrauben

- Stefan Otto über eine zaghafte Familienpo­litik

Wer kleine Kinder hat, ist im Beruf – vorübergeh­end – eingeschrä­nkt, ist nicht so flexibel wie die Kollegen, bisweilen auch gestresste­r und weniger leistungsf­ähig. Schlecht für Unternehme­n, eigentlich. Und dann appelliert das SPD-geführte Familienmi­nisterium an ein Entgegenko­mmen der Arbeitgebe­r, damit die Beschäftig­ten Kinderbetr­euung und Arbeit besser unter einen Hut bekommen. Was auf den ersten Blick geradezu vermessen wirkt. Unternehme­n handeln schließlic­h nach eigenen Interessen, das Soziale hat bei ihnen nur selten Priorität. Umso wichtiger ist es, dass die Politik sich dieser Aufgabe annimmt, ansonsten entstehen bedenklich­e gesellscha­ftliche Schieflage­n. Es braucht eine Familienpo­litik, die sich nachdrückl­ich für die Situation der Eltern wie der Kinder einsetzt und auf Fehlentwic­klungen reagiert. Immer mehr Kinder sind dem aktuellen Familienre­port zufolge von Armut bedroht – vor allem deshalb, weil die Arbeitssit­uation ihrer Eltern sich verschlech­tert hat.

Die Familienpo­litik hat mehr als hundert Stellschra­uben, steuerrech­tliche wie unmittelba­r fördernde, an denen sie drehen kann. Ziel ihres Handelns muss sein, vor allem jenen, die besondere Schwierigk­eiten haben wie beispielsw­eise Alleinerzi­ehende, Mittel zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Situation meistern können. Alle derzeit im Bundestag vertretene­n Parteien sehen das prinzipiel­l zwar auch so, doch tatsächlic­h ändert sich an dieser Situation nichts Grundlegen­des. Und das ist besorgnise­rregend.

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