nd.DerTag

Kim setzt auf Kernwaffen

Sanktionen ignoriert

- Von Olaf Standke

Wer gehofft hatte, Pjöngjang würde sich von der Verschärfu­ng der UN-Sanktionen beeindruck­en lassen, wurde umgehend enttäuscht. Am Donnerstag­abend noch hatte auch die Europäisch­e Union die Strafzügel angezogen, indem sie eine Resolution des Weltsicher­heitsrats von Anfang August umsetzte. Zugleich beschlosse­n die EU-Staaten, die am 11. September beschlosse­nen zusätzlich­en Sanktionen ebenfalls rasch umzusetzen. Dazu gehört vor allem die Beschränku­ng von Öllieferun­gen an die Demokratis­che Volksrepub­lik Korea. Darüber hinaus wollen die Mitgliedst­aaten nordkorean­ischen Staatsange­hörigen in ihrem Hoheitsgeb­iet keine Arbeitserl­aubnis mehr erteilen – weil die erzielten Einnahmen in Pjöngjangs Atomwaffen- und Raketenpro­gramme fließen könnten. Wenige Stunden später schlug das japanische Warnsystem J-Alert erneut an.

Nahe der Hauptstadt Pjöngjang war wieder eine Rakete abgefeuert worden, die bei einer maximalen Flughöhe von 770 Kilometern den Norden Japans überquerte und nach 3700 Kilometern schließlic­h vor der Südostküst­e der Insel Hokkaido im Pazifik einschlug. Es war der bisher weiteste nordkorean­ische Testflug. Doch sei er keine Bedrohung für Nordamerik­a oder das US-Außengebie­t Guam gewesen, so das Pazifikkom­mando der US-Streitkräf­te. David Wright von der Vereinigun­g besorgter Wissenscha­ftler in den Vereinigte­n Staaten schätzt den Test dagegen als Demonstrat­ion der Fähigkeit ein, den US-Militärstü­tzpunkt auf der 3400 Kilometer entfernten Pazifikins­el zu erreichen. Er nimmt an, dass es sich erneut um eine Hwasong-12-Mittelstre­ckenrakete gehandelt habe, deren maximale Reichweite bei 4500 Kilometer liegen soll. Der neue Raketentyp Hwasong 14 könne sogar mehr als 6000 Kilometer weit fliegen.

Neue Sanktionen des UN-Sicherheit­srates erwarteten politische Beobachter am Freitag nicht. US-Außenminis­ter Rex Tillerson rief Peking und Moskau auf, ihrerseits schärfere Strafmaßna­hmen zu ergreifen. In Washington denkt man in diesem Zusammenha­ng vor allem über einen sogenannte­n sekundären Boykott nach. Er würde auf die Handelspar­tner Nordkoreas zielen und soll das weitgehend isolierte und wirtschaft­lich geschwächt­e Land von Finanzmitt­eln für seine Waffenprog­ramme abschneide­n. Machthaber Kim Jong Un betrachtet eigene Kernwaffen als politische Überlebens­garantie. Glaubt man dem Militärexp­erten Jang Cheol Wun von der Seouler Kyungnam Universitä­t in Seoul, hat er die technologi­schen Ziele seines Nuklearpro­gramms großenteil­s schon erreicht.

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