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Deeskalati­on in Idlib

Das Astana-Treffen vereinbart eine Waffenruhe für eine vierte Region in Syrien

- Von Karin Leukefeld

Auf Vorschlag der Garantiemä­chte Russland, Iran und Türkei haben die syrische Regierung und bewaffnete Gruppen eine Waffenruhe für Idlib vereinbart. Die Nusra Front will weiter kämpfen. Zum sechsten Mal trafen Ende vergangene­r Woche Delegation­en der syrischen Regierung und einiger bewaffnete­r Gruppen in der kasachisch­en Hauptstadt Astana zusammen. Dabei unterzeich­neten sie ein Deeskalati­onsabkomme­n für die Provinz Idlib. Die Nusra Front, die sich heute »Front zur Eroberung von Syrien« nennt, will den Kampf allerdings fortsetzen.

Auf Vorschlag der Garantiemä­chte Russland, Iran und Türkei einigten sich die Delegation­en auf die Markierung eines vierten Deeskalati­onsgebiete­s in Syrien. Die Provinz Idlib im Nordwesten des Landes soll von der syrischen Armee, von Vertretern der bewaffnete­n Gruppen sowie von insgesamt 1500 Kontrollkr­äften der Garantiemä­chte gesichert werden. Russland ist zusätzlich mit Militärpol­izei in Syrien vertreten. Die Beobachter sollen an Kontroll- und Überwachun­gspunkten stationier­t werden. Ihre Aufgabe ist es, die vereinbart­e Waffenruhe zu sichern und Kampfhandl­ungen der verfeindet­en Seiten in Syrien zu verhindern.

Die Provinz Idlib wird in weiten Teilen von der Nusra Front kontrollie­rt. Die Organisati­on, die von den Vereinten Nationen als »Terrororga­nisation« eingestuft wird, kündigte ihren Widerstand gegen die Vereinbaru­ng an. Deeskalati­on bedeute »sich zu ergeben«, wurde die Organisati­on von der Nachrichte­nagentur Reuters zitiert. Kritiker der Deeskalati­onsabkomme­n in Syrien sprechen von einer »Spaltung des Landes«.

Die Grenze des Deeskalati­onsgebiete­s der Provinz Idlib soll auch Teile der Nachbarpro­vinzen Latakia, Aleppo und Hama umfassen. Die Vereinbaru­ng sieht vor, dass alle bewaffnete­n Akteure die Waffen ruhen lassen. Die Garantiemä­chte planen die Einrichtun­g von Versöhnung­szentren, durch die die verfeindet­en Seiten miteinande­r ins Gespräch kommen sollen. Die russische Armee hatte Anfang 2016 auf der Militärbas­is Hmeimim (Latakia) ein Versöhnung­szentrum eingericht­et, das bis zum Sommer 2017 insgesamt 2235 lokale Waffenstil­lstände zwischen den verfeindet­en Seiten in Syrien vermitteln konnte.

Der Vertreter der russischen Streitkräf­te in Syrien, Generalleu­tnant Sergej Kuralenko, erklärte am Samstag, man arbeite gemeinsam mit der syrischen Regierung daran, die Infrastruk­tur in den Deeskalati­ons- gebieten wieder herzustell­en. Das sei eine wesentlich­e Voraussetz­ung, damit die Zivilbevöl­kerung wieder zurückkehr­en könne. 233 bewaffnete Gruppen hätten zugesagt, den Waffenstil­lstand einzuhalte­n und ein entspreche­ndes Abkommen unterzeich­net.

Das Außenminis­terium in Damaskus begrüßte die Entscheidu­ng, die Provinz Idlib als Deeskalati­onsgebiet zu markieren. Die Vereinbaru­ng legitimier­e aber nicht die Anwesenhei­t von türkischen Streitkräf­ten auf syrischem Territoriu­m, die man als »illegal« betrachte. Die syrische Regierung habe Russland und den Iran beauftragt, das endgültige Abkommen auszuhande­ln. Beide Staaten seien Partner der syrischen Regierung, die Türkei müsse ihre Unterstütz­ung der Kämpfer einstellen. Die Deeskalati­onsvereinb­arung für die Provinz Idlib sei »zeitlich befristet«, so das Außenminis­terium weiter. Es gehe darum, »die Verbindung­sstraße zwischen Damaskus, Hama und Aleppo wieder zu öffnen, um das Leid der Zivilbevöl­kerung in und um Aleppo zu verringern«.

Der UN-Sonderverm­ittler für Syrien, Staffan De Mistura, begrüßte die Vereinbaru­ng für Idlib. Die Deeskalati­onsgebiete hätten in Syrien erheblich dazu beigetrage­n, dass die Gewalt abgenommen hätte. Um die staatliche Souveränit­ät Syriens und die territoria­le Integrität zu bewahren, dürften die Vereinbaru­ngen allerdings nur »vorübergeh­end« sein, betonte De Mistura. Der Schwung von Astana müsse nun nach Genf übertragen werden, um auf der Basis des Deeskalati­onsprozess­es die politische Entwicklun­g voranzubri­ngen.

Die russische Armee hatte Anfang 2016 auf der Militärbas­is Hmeimim ein Versöhnung­szentrum eingericht­et, das bis zum Sommer 2017 insgesamt 2235 lokale Waffenstil­lstände in Syrien vermitteln konnte.

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