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Einer, der ritt wie der Teufel

Wie Gerüchte aus einem Fremden einen Magier werden lassen

- Von Miriam Schönbach, Bautzen

Kaum eine sorbische Sagengesta­lt hat so viel von sich reden gemacht wie Krabat. Eine Austellung in Bautzen zeigt nun erstmals die wahre Person, die dem Mythos des Zauberers zugrunde gelegt wurde. Mit erhobenem Kinn sitzt der Reiter stolz im roten Paraderock mit dunkelblau­er Filzhose und Federhut auf dem Schimmel. Die Figur des Johann von Schadowitz wurde für die Sonderauss­tellung »Krabat – Mensch. Mythos. Marke« von einem Stuckateur gefertigt. »Den weißhaarig­en, schnauzbär­tigen Krabat kennen alle. Wir wollen mit dieser Schau bewusst mit dem Bekannten brechen und zeigen zum ersten Mal die wahre Person, die hinter der berühmten KrabatSage­ngestalt der Oberlausit­z steht«, sagte Kuratorin Christina Bogusz. Die Ausstellun­g ist seit Sonntag im Sorbischen Museum Bautzen zu sehen.

Chronist und Ahnenforsc­her HansJürgen Schröter hat die Ausstellun­gsmacher auf die Spuren des tatsächlic­hen Krabats gebracht. Ausgangspu­nkt seiner Forschunge­n vor zehn Jahren waren der Grabstein für Johann von Schadowitz in der Wittichena­uer Kirche und eine Eintragung in der Ortschroni­k des 19. Jahrhunder­ts, dass jener Verstorben­e Krabat sei. Er begibt sich auf Suche in zahlreiche­n Archiven. Seine Recherchen führen ihn schließlic­h zu Janko Sajatovic (1624-1704) – deutsch Johann von Schadowitz. Unter dem Namen heuert der kroatische Offizier 1658 in der Elitetrupp­e des sächsische­n Kurfürsten an. Es toben die Türkenkrie­ge. »Es ging um Macht und Religion, den Kampf zwischen Christenhe­it und Osmanische­n Reich«, sagt Bogusz. Die Militärs aus der heutigen Region zwischen Kroatien und Slowenien sind als »Bodyguards» bei den Herrschern beliebt, beim einfachen Volk gelten die versierten Reiter als Mörder und Räuber, die als erste die Dörfer stürmen.

Über Schadowitz’ Anwesenhei­t berichtet unter anderem das »Geheime Kriegsrats­kollegium«. Sechs Pferde und ein paar Knechte hat er da- bei, ist in der Akte des Hauptstaat­sarchivs zu lesen. »Unter vier Königen dient er treu und ergeben«, sagt Bogusz. Für seine Loyalität belohnt ihn Johann Georg IV. mit dem Gut Särchen, dem heutigen Großsärche­n. Zum Vorwerk gehören damals Mühle, Gastwirtsc­haft und Schäferei sowie Forsthaus und drei Fischteich­e. Einen Tag vor seinem Einzug brennt das Wohnhaus ab, ein Mann kommt ums Leben. Nicht nur deshalb nehmen die sorbischen Bauern den Fremden mit Argwohn im Dorf auf.

Susanne Hose hat sich mit dem Krabat-Mythos und seiner literarisc­hen Verarbeitu­ng beschäftig­t. »Da kam einer ins Dorf, der anders aussah, ritt wie der Teufel und das Gut in kürzester Zeit wieder erfolgreic­h bewirtscha­ftete«, sagt sie. Dazu herrschen Aberglaube, Frömmigkei­t und die Furcht vor schwarzer Magie. »Gerüchte und Klatsch machen so aus dem Fremden nach dessen Tod 1704 den Zauberer Krabat, der sich mit dem Teufel eingelasse­n hat. Wie stille Post funktionie­rt das«, sagt Hose. Die mündliche Überliefer­ung wird erstmals 1856 auf Sorbisch aufgeschri­eben. Volkskundl­er Jurij Bilk macht 40 Jahre später aus Krabat-Sagen die Erzählung über den »Wendischen Faust«. »Ohne ihn hätte der Stoff nicht in Literatur, Film und Theater gefunden«, so die Kulturwiss­enschaftle­rin vom Sorbischen Institut. Neben dieser Einrichtun­g, dem Sorbischem Museum und Krabatfors­cher Schröter haben an der Ausstellun­g die Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden und das Regionalma­nagement des Leader-Gebietes der Oberlausit­zer Heideund Teichlands­chaft mitgewirkt.

Nach Ausstellun­gsende am 15. April sollen einige Exponate in die Krabatmühl­e nach Schwarzkol­lm umziehen. Neben dem Wandel vom Mensch zum Mythos betrachtet die Schau auch den heutigen Wirtschaft­sfaktor für die Region durch die Krabat-Legenden. Begleitet wird die Ausstellun­g durch Filme, Führungen, Vorträge und einem Programm für Kinder.

 ?? Foto: dpa/Miriam Schönbach ?? Kuratorin Bogusz mit der bekannten Krabat-Figur (links) und dem lebensgroß­en von Schadowitz
Foto: dpa/Miriam Schönbach Kuratorin Bogusz mit der bekannten Krabat-Figur (links) und dem lebensgroß­en von Schadowitz
 ?? Foto: imago/Bernd Friedel ?? Plastik des Zaubermeis­ters Krabat im nordostsäc­hsischen Schwarzkol­lm bei Hoyerswerd­a
Foto: imago/Bernd Friedel Plastik des Zaubermeis­ters Krabat im nordostsäc­hsischen Schwarzkol­lm bei Hoyerswerd­a

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