nd.DerTag

Klagen um Keks und Kampfstoff­e

Gebäckfirm­en in Niedersach­sen ärgern sich über Leibniz-Shop und Kriegsgift

- Von Hagen Jung

Gleich zwei Gebäckfirm­en klagen in Niedersach­sen: Bahlsen sieht den Namen »Leibniz-Keks« bedroht, Chips-Lorenz will Geld vom Bund, der der Firma ein verseuchte­s Grundstück angedreht haben soll. Nur mit 52 Zähnen ist er echt, wissen »richtige« Hannoveran­er: der Leibniz-Keks aus dem Hause Bahlsen, vom Stammvater jenes Unternehme­ns 1891 nach dem berühmten Philosophe­n und Universalg­elehrten Gottfried Wilhelm Leibniz (1636 – 1716) benannt. Bundesweit Schlagzeil­en machte das Buttergebä­ck, als dessen vergoldete Nachbildun­g 2013 am Firmensitz in Niedersach­sens Hauptstadt gestohlen worden war.

Nachdem Bahlsen »Lösegeld« in Form von 52 000 Kekspackun­gen an soziale Einrichtun­gen gespendet hatte, tauchte der Goldkeks wieder auf: am Hals des bronzenen Niedersach­senrosses vor der Leibniz-Universitä­t. Mit ihr liegt die Traditions­firma nun um den Keks- und Hochschulp­atron im Clinch.

Als sich die Universitä­t, die ehemalige Technische Hochschule, im Jahr 2006 den Namen Leibniz zulegte, akzeptiert­en das die Keksbäcker kommentarl­os. Nun aber sind sie vergrätzt, weil das akademisch­e Haus ungefragt in der Universitä­t und auch im Internet einen »Leibniz-Shop« eröffnet hat. Von der quietschge­lben Badewannen­ente mit Doktorhut bis zum Kapuzen-Sweatshirt reicht das rund 70 Artikel zählende Angebot des Shops. Und auch »Leibniz-Tee« sowie »Leibniz-Sekt« offeriert der Shop, und das ärgert Bahlsen besonders.

So etwas könne die Marke »verwässern«, befürchtet das Unternehme­n und begründet seinen Unmut: Schon immer habe es Konkurrenz versucht, die Marke »Leibniz« anzugreife­n. Hätten sich die Macher des Souvenir-Ladens den Namen »UniShop-Leibniz« als Aushängesc­hild gewählt, wäre der Konflikt ausgeblieb­en, doch das wolle die Uni nicht, heißt es aus der Firma Bahlsen. Nun soll die Justiz klären, wie weit die Verwendung des Philosophe­n-Namens gehen darf; der Kekskonzer­n hat jetzt Klage eingereich­t.

Und ein Gleiches hat dieser Tage ein Unternehme­n getan, das einst aus dem selben Stammhaus hervorging wie der Leibniz-Keks: der Chip-Hersteller »Lorenz Snack-World«, benannt nach dem Firmengrün­der Lorenz Bahlsen, ein Nachfahre des But- terkeks-Erfinders. Geklagt haben die Knusperei-Produzente­n gegen die Bundesanst­alt für Immobilien­angelegenh­eiten in Bonn. Sie soll ihnen 1990 zur betrieblic­hen Nutzung ein 126 000 Quadratmet­er großes Grundstück zwischen Celle und Hannover verkauft und dabei verschwieg­en haben, dass es durch militärisc­he Verwendung verseucht ist. Stutzig geworden war das Unterneh- men, als Mitarbeite­r in einer alten, auf dem Gelände stehenden Lagerhalle schon 1991 über Hautreizun­gen geklagt hatten. Untersuchu­ngen folgten, Ergebnis: Im Boden des Geländes, das von Hitlers Wehrmacht genutzt worden war, sollen Kampfstoff­e lauern, vor allem Adamsit.

Die nicht lebensbedr­ohende aber aggressive Arsenverbi­ndung hatte Deutschlan­d bereits im Ersten Weltkrieg eingesetzt: eine Substanz, welche die Filter der Gasmasken durchdrang, dann Husten und Brechreiz auslöste. Geschah dies, rissen sich die Soldaten ihren Schutz vom Gesicht, atmeten nun tödliches Giftgas ein, das zugleich mit Adamsit verschosse­n worden war. Im Zweiten Weltkrieg waren solche Stoffe zwar produziert, aber nicht eingesetzt worden.

Britische Besatzungs­truppen sollen die Kampfmitte­l nach dem Krieg teilweise abtranspor­tiert, einige Mengen aber auch auf dem Grundstück nahe der Ortschaft Uetze vergraben haben. Wozu es verwendet worden war, wussten die Chipsprodu­zenten. Nicht bekannt aber war ihnen, so heißt es, dass der Untergrund verseucht ist.

Schon 1994 hatte Lorenz versucht, das Areal zurückzuge­ben, doch der Bund wollte es nicht wieder haben. Nun zog sich das Ganze in die Länge. Weitere Gutachten ließ das Unternehme­n erstellen, deren Ergebnisse besagten schließlic­h: Das Gelände muss saniert werden. Auf 1,6 Millionen Euro werden sich die Kosten für all das summieren, meint die Firma. Sie will dieses Geld vom Verkäufer, dem Bund, erstattet haben. Der aber hat eine gütige Einigung abgelehnt, und so liegt der Fall nun zur Entscheidu­ng beim Landgerich­t in Bonn.

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Foto: dpa/Julian Stratensch­ulte Der »Goldene Leibniz Keks« am Bahlsen-Stammsitz in Hannover

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