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Rote Sterne überm Wunderland

Die geheimnisv­olle Area 51 in Nevada bietet mal wieder Gelegenhei­t zum Spekuliere­n

- Von René Heilig

Täglich stürzen in den USA Flugzeuge ab. Wenn das aber südwestlic­h von Las Vegas passiert, setzen wilde Spekulatio­nen ein. Denn im südlichen Nevada geht seit Jahrzehnte­n Geheimnisv­olles vor sich. Nevada ist ein Zufluchtso­rt für Science-Fiction-Fans und echte Spinner. Hier ist jede Menge Raum für Fantasien. Hier landen und starten Fliegende Untertasse­n, hier hält man den Kontakt zu Außerirdis­chen, die man bisweilen auf den Seziertisc­h legt und hier entstanden auch die Videos von den angebliche­n Mondladung­en USamerikan­ischer Astronaute­n, die es in Wirklichke­it nie gegeben hat.

Das Wunderland für jede Menge Verschwöru­ngstheorie­n hat einen Namen: Area 51. Doch Vorsicht! Das riesige Wüstengebi­et mit trockenen Salzseen und felsigen Bergen ist eines der am besten bewachten militärisc­hen Sperrgebie­ten in den USA. Denn neben allen Fantasien wird hier im Stinkgehei­men solide Arbeit geleistet. Vor allem von und für die US Air Force. Hier wird all das getestet, was den USA in der Luft einen militärisc­hen Vorteil bringen soll. Der legendäre Höhenaufkl­ärer U 2 und seine Nachfolger hatten hier ebenso eine Heimat wie der berühmte »Ochsenkarr­en«, der als Nachfolges­pion mit Mach-3-Geschwindi­gkeit weltweit fremden Luftraum verletzte.

Die Hausherren der Area 51 haben nichts gegen Schlagzeil­en – solange sie nur versponnen genug sind oder vom Geheimdien­st CIA selbst produziert werden. Die Meldung über den Absturz eines einsitzige­n Flugzeuges am 8. September gehört nicht dazu.

Zunächst war nur bekannt: Luftwaffen-Oberstleut­nant Eric Schultz, Rufzeichen »Doc«, ist nicht vom Einsatz zurückgeke­hrt. Seine Maschine stürzte rund hundert Meilen nordwestli­ch der Nellis Air Force Base ab. Drei Tage brauchte die Luftwaffe , um den Absturz zu bestätigen. Natürlich fragten die Medien, mit welcher Art Flugzeug er zu welchem Zweck unterwegs war. Sie bekamen keine Ant- wort. Es hieß lediglich, die Maschine habe zum Air Force Materiel Command und somit nicht zum aktiven Bestand der Luftwaffe gehört. Zumeist handelt es sich dabei um Flugzeuge, die noch in der Erprobung sind oder zu anderen Testmissio­nen starten, deren Sinn man verbergen will. Vor allem über der Area 51.

Die Verweigeru­ng einer Antwort durch die Militärs feuerte die Gerüchtekü­che an. Bald wurde speku- liert, es könnte sich um den Prototypen des neuen US-Stealth-Langstreck­enbombers B-21 »Raider« gehandelt haben. Doch dann wäre ein Mann als Besatzung nicht plausibel. Regionalre­porter fanden heraus, dass der 44-jährige Pilot zu jenen Männern gehörte, die den neue F-35-Jet getestet haben. Das mit 400 Milliarden US-Dollar bislang teuerste Rüstungspr­ojekt der Air Force wird auf jeder militärisc­hen Luftfahrtm­esse – trotz zahlreiche­r »Macken« und Schwächen – als Nonplusult­ra aller Kampfflugz­euge gepriesen.

Um rentabel zu sein, muss Hersteller Lockheed Martin den Jet global verkaufen können. Da käme ein Absturz höchst ungelegen. Also erklärte der Stabschef der US-Luftwaffe, dass es sich bei der zerschellt­en Maschine keinesfall­s um einen solchen Wundervoge­l gehandelt hat. Der Chef selbst dementiert? Höchst ungewöhnli­ch. Und auch er sagt nicht, welchen Typ Schultz geflogen hat. Höchst verdächtig! Und eine abermalige Herausford­erung für Rechercheu­re. Die fanden heraus, dass der Oberstleut­nant Kommandeur einer speziellen Staffel war, die sich »Red Hats« nennt und zum stinkgehei­men 413. Test-Geschwader gehört. Dessen Vorläufer hatte bereits in den sechziger Jahren über der Area 51 sowjetisch­e Jets getestet hat. Der MiG 21 folgten MiG 23, MiG 29. Sie wurden zu Luftkampfü­bungen mit den eigenen Modellen genutzt, um beiderseit­ige Schwächen und Stärken herauszufi­nden.

Sofort war eine neue Theorie geboren, die der Wahrheit vermutlich recht nahe kommt: Schultz hat eine Su 27 geflogen. Der im Konstrukti­onsbüro von Suchoi noch zu Sowjetzeit­en entwickelt­e Jäger gilt noch heute als eine gefährlich­e Waffe. In Fachmagazi­n »Air Force Monthly« wurde bereits 2016 berichtet, dass die US-Luftwaffe seit vielen Jahren über mindestens eine Su 27 verfügt. Die trägt die Originalbe­malung einschließ­lich rotem Stern an den Leitwerken. Fotos, aufgenomme­n nahe der Area 51, belegen zumindest ein Duell gegen eine amerikanis­che F-16.

Natürlich gab es nie einen offizielle­n Import. Doch das devisenhun­grige Russland hat viele dieser Maschinen quer durch die Welt verkauft. Wahrschein­lich jedoch ist, dass der Jet aus einer einstigen Sowjetrepu­blik stammt. Angeblich hat Kiew bereits 2009 zwei Su 27 an das Tactical Air Command geliefert und so versucht, sich bei den neuen Verbündete­n jenseits des großen Teichs wichtig zu machen.

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Foto: US Air Force Satelliten sehen viel auf der Area 51, aber nicht das Wesentlich­e.

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