Staat bringt Singles unter die Haube
Bevölkerungsschwund in Japan soll gestoppt werden
Japans öffentliche Hand wird zunehmend zum Heiratsvermittler. 932 der 1741 japanischen Gebietskörperschaften erklärten in einer Umfrage der Agentur Kyodo, sie bieten Partnervermittlungsdienste, Kennenlernveranstaltungen und Seminare mit Tipps für Singles an. Auch die Zentralregierung unterstützt die Bemühungen der Städte vor allem mit Subventionen für ihre Kuppeldienste.
Insgesamt haben die AmorDienste des Staates der Umfrage zufolge 2016 zu 6177 neuen Eheschließungen geführt. Das mag nach einem Tropfen auf den heißen Stein klingen. Doch angesichts der seit Jahren dokumentierten Beziehungsmüdigkeit vor allem bei jungen Japanern ist die Mehrheit der Gemeinden stolz auf ihre Vermittlungserfolge.
Laut neuesten offiziellen Zahlen bleiben jeder vierte Mann und jede siebte Frau ihr Leben lang allein. Vor allem junge Leute geben in Umfragen oft an, dass sie sich bewusst für ein Leben ohne Partner entscheiden. Mit 1,41 Kindern liegt die Geburtenrate weit unter den etwas mehr als zwei Kindern, die nötig wären, um die Bevölkerung langfristig auf einem stabilen Niveau zu halten. In den vergangenen fünf Jahren ist die Bevölkerung bereits um gut eine Million geschrumpft.
Um die Jugend dennoch zum Heiraten und Kinderkriegen zu bewegen, lassen manche Städte nichts unversucht. So Matsuyama im Westen. Seit zwei Jahren experimentieren Beamte mit HighTech-Lösungen, um ihre Bürger zu verkuppeln. Ein Big-Data-Projekt soll die Chancen erhöhen, den passenden Partner zu finden. Das System analysiert die Teilnahme der Bürger an Matchmaking-Events und welche Inhalte sie sich wie oft auf der städtischen Kuppel-Webseite anschauen. »Die Partnervorschläge, die ich von Big Data bekomme, sind oft Menschentypen, die ich früher nie in Betracht gezogen habe«, so eine 40-Jährige. Sie habe das Gefühl, dass sie viel mehr Optionen habe. Die Statistik gibt ihr recht. Während vor der Einführung des High-Tech-Auswahlsystems lediglich 13 Prozent der angefragten Dates realisiert wurden, sind es heute 29 Prozent. 228 Paare sind dank Big Data schon vor den Traualtar getreten.
Dennoch herrscht in den Rathäusern Unsicherheit, ob der Staat sich so tief in die Privatsphäre der Bürger einmischen sollte. »Die Partnervermittlung tangiert die ganz persönlichen Wertvorstellungen der Bürger, ich bin nicht sicher, wie weit wir als Stadtverwaltung da mitmischen sollen«, erklärte ein Beamter aus der Präfektur Niigata. In knapp 18 Prozent der Gemeinden war der staatlich organisierte Kuppeldienst ein Misserfolg. Sechs Prozent haben ihre Vermittlungsdienste mangels Interesse bereits eingestellt.