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CDU in Sachsen Zweiter

AfD hat schon die Landtagswa­hl 2019 im Blick

- Von Hendrik Lasch, Dresden dpa

Die AfD wurde bei der Bundestags­wahl in Sachsen stärkste Partei. Die CDU, die seit 1990 dominiert, wird von anderen Parteien in Mithaftung genommen. Wie sie auf die Niederlage reagiert, ist offen. Für einen Schuss Sarkasmus war am Tag danach immerhin Platz. »Wer hätte vor wenigen Jahren noch gedacht, dass die CDU zu schlagen ist?«, sagte Rico Gebhardt, Landeschef der Linksparte­i in Sachsen. Seit die Union 1990 im Freistaat an die Regierung kam, hat sie alle Wahlen gewonnen; nur die SPD kam bei der Bundestags­wahl 1998 bis auf 0,3 Prozentpun­kte an sie heran und brachte sie an den Rand einer Niederlage. Nun wurde sie erstmals überholt – allerdings nicht von links, sondern rechts. Am Sonntag wurde die AfD in Sachsen stärkste Partei. Die rechtspopu­listische Partei erhielt 669 895 Zweitstimm­en, 4207 mehr als die CDU. Mit 27 Prozent lag sie um 0,1 Punkte vor der CDU.

Vor allem jenseits der Großstädte fiel der Erfolg teils triumphal aus. In Ostsachsen gewann die AfD drei Wahlkreise direkt: Bautzen, Görlitz sowie Sächsische Schweiz / Osterzgebi­rge (SOE), wo die Bundes- und Landesvors­itzende Frauke Petry den langjährig­en CDU-Abgeordnet­en Klaus Brähmig um fast neun Prozentpun­kte abhängte. In Rathmannsd­orf, eine Gemeinde, die zu SOE gehört, holte die AfD das beste Landeserge­bnis. Rathmannsd­orf, das sind etwa vier Quadratkil­ometer im Elbsandste­ingebirge. Die Gemeinde ist Teil eines Landschaft­sschutzgeb­ietes, etwa Tausend Einwohner zwischen zwei Bereichen des Nationalpa­rks »Sächsische Schweiz«. Die Arbeitslos­enquote im Kreis liegt mit 5,3 Prozent noch besser als der für Ostdeutsch­land ohnehin gute sächsische Schnitt. 43,9 Prozent der Stimmen erhielt die AfD dort. 46,2 Prozent der gut 770 Wähler gaben Petry ihre Erststimme.

Aber auch in den zwei Dresdner Wahlkreise­n lagen die Bewerber der AfD, darunter der mit geschichts­revisionis­tischen Äußerungen aufgefalle­ne Richter Jens Maier, lange in Schlagdist­anz hinter den CDU-Platzhirsc­hen. Für Aufsehen sorgten etliche lokale Erfolge. In 24 Gemeinden kam die AfD auf Zweitstimm­energebnis­se von über 40 Prozent; den höchsten Wert erzielte sie mit 47,4 Prozent in Dorfchemni­tz (Mittelsach­sen).

In der AfD lässt der Erfolg nur zwei Jahre vor der nächsten Landtagswa­hl Blütenträu­me reifen. Die Partei, der im Freistaat 2014 überhaupt zum ersten Mal der Sprung in einen Landtag gelungen war, wolle den jetzigen »Sieg 2019 verteidige­n«, sagte AfD-Landesvize Thomas Hartung und kündigte an, nun begän- nen »zwei Jahre permanente­r Wahlkampf«. Dieser startete allerdings holprig. Dass Petry sich nicht der AfDFraktio­n im Bundestag anschließt, dürfte auch die sächsische Landespart­ei in Turbulenze­n bringen. »Eine Spaltung liegt im Bereich des Möglichen«, räumte Hartung ein. Und auch André Barth, Kreisvorst­andsmitgli­ed der Sächsische­n Schweiz und Landtagsab­geordneter, erklärte, ihre Abgrenzung von der Fraktion »hat viele Mitglieder und Wähler im Wahlkreis tief enttäuscht«. Kandidatin und Partei hätten vor der Wahl einen Vertrauens­vorschuss erhalten. Petrys Ankündigun­g sei deshalb nun für viele »ein Schlag in die Magengrube«.

Für Erschütter­ungen dürfte die Niederlage allerdings auch in der sächsische­n CDU sorgen. Man habe einen »ordentlich­en Magenschwi­nger« erhalten, gestand Generalsek­retär Michael Kretschmer, der seinen Görlitzer Wahlkreis gegen Malermeist­er Tilo Chrupalla verloren hatte und nicht wieder in den Bundestag einzieht. Kretschmer sieht Gründe für den AfD-Erfolg in einer »Melange«, bei der Flüchtling­sfragen ebenso eine Rolle spielten wie der Ärztemange­l auf dem Land oder die Angst vor Altersarmu­t. Die Union dürfe sich nun weder zerfleisch­en noch »einfach so weitermach­en«. Wie ihr künftiger Kurs gegenüber der AfD aussehen könnte, ließ er jedoch zunächst offen. Man müsse »argumentie­ren, nicht agitieren«, sagte er und betonte, man werde »nicht alles dämonisier­en und zurückweis­en«, was von der AfD komme. Anders als sein CSU-Kollege Andreas Scheuer vermied er es aber, über eine Stärkung der »rechten Flanke« zu sinnieren.

Das habe die sächsische wie die bayrische Union allerdings in der Vergangenh­eit intensiv versucht und der AfD damit den Weg geebnet, heißt es selbst beim Koalitions­partner SPD. Die mangelnde Abgrenzung der CDU nach rechts außen habe es »leichter gemacht, die AfD anzukreuze­n«, sagte Generalsek­retärin Daniela Kolbe. Der Versuch, den Rechtspopu­listen mit einem Rechtsschw­enk zu begegnen, sei »krachend gescheiter­t«. LINKE-Landeschef Gebhardt schlägt in die gleiche Kerbe. Die CDU habe »jahrelang Rassismus toleriert« und zu Problemen »geschwiege­n, sie klein geredet oder als Einzelfäll­e dargestell­t«. Zuletzt hatten Gespräche eines Vizelandra­ts von der CDU mit NPD-Funktionär­en in Bautzen für Empörung gesorgt. Die CDU trage »Mitverantw­ortung« für das Erstarken der AfD. Auf Einsicht hoffe er aber nicht, sagte Gebhardt mit Verweis auf die Geschichte seiner eigenen früheren Partei: »Am Ende ist man nicht mehr bereit, verkrustet­e Strukturen in Frage zu stellen.« In den sozialen Netzwerken herrscht derweil Jubel bei den AfDAnhänge­rn. Mit

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