nd.DerTag

Unterdrück­ter Streit

Aert van Riel über die schnellen Personalen­tscheidung­en der SPD

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Die Situation wirkt absurd. Obwohl die SPD ihr bislang schlechtes­tes Bundestags­wahlergebn­is eingefahre­n hat, scheut die Partei personelle Konsequenz­en. Parteichef und Spitzenkan­didat Martin Schulz wird stattdesse­n von vielen Seiten unterstütz­t. Er trage keine Schuld und solle den »Erneuerung­skurs« der SPD fortsetzen, fordern Parteilink­e und konservati­ve Sozialdemo­kraten gleicherma­ßen. Dass man sich geirrt hatte, als der Europapoli­tiker vor wenigen Monaten noch als Hoffnungst­räger gefeiert und mit 100 Prozent der Delegierte­nstimmen ins Amt gehievt wurde, will offenbar kaum ein Sozialdemo­krat zugeben. Dabei hat Schulz enttäuscht. Ein klarer Unterschie­d zwischen ihm und Kanzlerin Angela Merkel war im Wahlkampf nie erkennbar.

Dass sich dies nun ändern könnte, wenn die SPD stärkste Opposition­spartei wird, ist nicht zu erwarten. Schulz und die designiert­e Fraktionsc­hefin Andrea Nahles stehen für eine Politik der vagen Andeutunge­n und der Minimalkom­promisse. Die Parteispit­ze hat die Personalen­tscheidung­en offenbar deswegen so schnell getroffen, um geschlosse­n zu wirken und interne Flügelause­inanderset­zungen zu verhindern. Dabei gehört Streit dazu, wenn man sich mit den Ursachen des Wahldebake­ls auseinande­rsetzen will. Eine schonungsl­ose Fehleranal­yse ist bereits nach der Wahl 2013 von der Parteiführ­ung verhindert worden. Die Folgen für die SPD sind noch heute sichtbar.

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