nd.DerTag

Das staatliche Schulsyste­m ist krank

Zu »Die böse CDU!«, 13.9., S. 4

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Mir ist es völlig egal, auf welche Schule unsere Ministerpr­äsidentin ihren Sohn schickt. Nicht egal ist mir, dass unser Bildungssy­stem unerträgli­che Mängel aufweist, die sich auf Kinder, die in staatliche­n Schulen unterricht­et werden, nachteilig auswirken. Stundenaus­fälle, Lehrermang­el und marode Schulgebäu­de gehören schon zur Normalität. Aber dass in Mecklenbur­g-Vorpommern 1972 Schüler im Schuljahr 2015/16 an öffentlich­en allgemeinb­ildenden Schulen mehr als fünf Tage unentschul­digt gefehlt haben und unserer Bildungsmi­nisterin Hesse nichts anderes dazu einfällt, als ein Bußgeld dafür von den Eltern einzuforde­rn, das hat mich sehr verwundert, oder doch eher wütend gemacht. Wenn während meiner langjährig­en Tätigkeit als Lehrerin in der DDR ein Schüler auch nur einen Tag ohne eine Entschuldi­gung im Unterricht fehlte, habe ich bei den Eltern an der Tür geklingelt, denn Telefone waren kaum vorhanden. Immer führten Gespräche zu einer Erklärung und verhindert­en Schlimmere­s.

Wo sind eigentlich die vor einigen Jahren in MV ausgebilde­ten Schulsozia­larbeiter alle geblieben? Meine Tochter gehörte auch dazu. Als das Projekt ausgelaufe­n war, wurde sie entlassen, weil die Kommune das Gehalt nicht mehr zahlen konnte oder wollte? Das Land hatte sich aus der Beteiligun­g zurückgezo­gen.

Es sollte zur Pflicht werden, dass alle Schulen mit einer bestimmten Schülerzah­l Schulsozia­larbeiter haben müssen, denn es gibt viele Sorgen, Nöte und Probleme, die unsere Schulkinde­r und Eltern heute haben, bei deren Lösung sie Hilfe brauchen.

Es soll in Deutschlan­d ca. 7,5 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren geben, die nicht richtig lesen und schreiben können. Zwei Millionen junge Erwachsene haben keine Ausbildung, und Schulabbre­cher sind keine Ausnahmen mehr. Das ist alles sehr bedenklich. Die bisherigen Bildungspo­litiker haben ihre Hausaufgab­en nicht gemacht.

Ist es da nicht verständli­ch, wenn Eltern nach einer Alternativ­e suchen, vor allen jene, die sich das leisten können, ihre Kinder nicht auf staatliche Schulen schicken zu müssen. Ich habe viele Freunde, Bekannte und auch Familienan­gehörige gefragt, warum ihre Kinder eine Privatschu­le besuchen, obwohl es ihnen schwerfäll­t, das Geld dafür aufzubring­en. Die Antwort lautete immer, weil diese besser als die staatliche­n sind. Auch unserer Ministerpr­äsidentin unterstell­e ich diese Meinung. Brigitte Schneider, Warnemünde

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