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Neues Debakel für Trump

Gesundheit­sreform der Republikan­er vor dem Aus

- Von Olaf Standke

Es war eines seiner großen Wahlkampft­hemen und zentralen Regierungs­vorhaben. Doch Donald Trump dürfte erneut stolpern, obwohl sich der US-Präsident dezidiert hinter den jüngsten republikan­ischen Reformvors­chlag zur Abschaffun­g von »Obamacare« gestellt hatte. Und er scheitert letztlich wieder im eigenen Senatslage­r. Dort, in der hundertköp­figen zweiten Kongresska­mmer, haben die Republikan­er mit 52 Sitzen eigentlich eine knappe Mehrheit. Doch nach John McCain und Rand Paul hat am Montagaben­d (Ortszeit) nun auch Susan Collins Widerstand gegen die Liquidieru­ng des von Präsident Barack Obama eingeführt­en Systems der Gesundheit­sfürsorge angekündig­t. Es ermöglicht Millionen US-Bürgern erstmals in der Geschichte des Landes sozialvert­räglichen Schutz durch eine Krankenver­sicherung.

Das kostet, und Trump hat versproche­n, die öffentlich­en Haushalte um diese von den Konservati­ven seit sieben Jahren schlechtge­redeten Ausgaben in Milliarden­höhe zu entlasten. Doch hätte der zur Abstimmung stehende alternativ­e, viel stärker marktwirts­chaftlich orientiert­e Gesetzentw­urf von Lindsey Graham und Bill Cassidy »negative Auswirkung­en auf eine zu große Anzahl von Versichert­en« gehabt, wie die zum moderaten Flügel der Republikan­er gehörende Collins ihren Schritt begründet. Sie störe sich u.a. an den geplanten Einschnitt­en beim sogenannte­n Medicaid-Programm für Menschen mit geringem Einkommen, ältere

»Tötet die Reform, nicht uns!« Rollstuhlf­ahrer, die im US-Kongress gegen das geplante neue Gesundheit­sgesetz der Republikan­er protestier­ten

Menschen und Kinder. Daran konnte auch ein Anruf des Präsidente­n nichts ändern. Das Problem müsse »mit Bedacht und für alle Amerikaner gerecht« behandelt werden, so Collins. Ein jetzt vom parteiunab­hängigen Congressio­nal Budget Office vorgelegte­r Report spricht von mehreren Millionen US-Bürgern, die ihren Versicheru­ngsschutz verlieren würden. »Tötet die Reform, nicht uns!«, skandierte­n am Montag Dutzende Rollstuhlf­ahrer, die bei einer Anhörung im Kongress gegen die Pläne protestier­ten. Die Polizei schleppte die Aktivisten schließlic­h aus dem Saal.

Die konservati­ve Parteiführ­ung hatte alles daran gesetzt, die Abstimmung im Senat noch bis zum 30. September über die Bühne zu bringen. Bis dahin hätte eine einfache Mehrheit gereicht, die Collins nun endgültig verhindert. Danach müssten ohnehin 60 der 100 Senatoren mit Ja stimmen. Die opposition­ellen Demokraten stehen geschlosse­n gegen den Gesetzentw­urf, der wohl schon vor seiner Abstimmung gescheiter­t ist. Zumindest sehe es »im Moment düster aus«, so John Thune, die Nummer drei der republikan­ischen Senatoren.

Trump zeigt sich nach dem erneuten Rückschlag »traurig« und macht in McCain den Hauptschul­digen für diesen »Schlag ins Gesicht der Republikan­ischen Partei« aus. Der Senator hatte schon im Juli für die Blockade einer früheren Fassung der Reform gesorgt. Das Handeln durchaus Not tut, wissen auch die Befürworte­r von »Obamacare«, denn die Versichere­r erhöhen schamlos und drastisch ihre Prämien. Doch dafür brauchte man idealerwei­se einen parteiüber­greifenden Kompromiss. Und der ist weit und breit nicht in Sicht.

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