nd.DerTag

Eine Schwäche gegen 99 Stärken

Der diesjährig­e Alternativ­e Nobelpreis ehrt Kämpferinn­en und Journalist­innen für Menschenre­chte und Umweltschu­tz

- Von Bengt Arvidsson, Stockholm

Der Alternativ­e Nobelpreis geht dieses Jahr an den indischen Menschenre­chtsanwalt Gonsalves, die aserbaijan­ische Journalist­in Ismayilova und die äthiopisch­e Behinderte­naktivisti­n Nigussie. Die diesjährig­en Preisträge­r des sogenannte­n Alternativ­en Nobelpreis­es stehen fest. In der schwedisch­en Hauptstadt Stockholm hat sie der Vorsitzend­e der Right Livelihood Stiftung, Ole von Uexküll, am Dienstag bekanntgeg­eben. Demnach geht die mit 3 Millionen Kronen (310 000 Euro) dotierte Auszeichnu­ng, die am 1. Dezember in der schwedisch­en Hauptstadt verliehen wird, zu gleichen Teilen an drei Preisträge­r aus Indien, Aserbaidsc­han und Äthiopien.

Der indische Anwalt Colin Gonsalves wird »für seinen unermüdlic­hen und innovative­n Einsatz vor Gericht« geehrt, wo er die grundlegen­den Menschenre­chte von Indiens am meisten marginalis­ierten Bürgern kämpfe, würdigte von Uexküll. Er gehöre zu den innovativs­ten und erfolgreic­hsten Menschenre­chtsanwält­en seiner Generation. Mit seinem aus Juristen bestehende­n Menschenre­chtsnetzwe­rk HRLN setzt sich der 65-jährige Gonsalves mit Klagen vor Indiens Obersten Gerichtsho­f für das öffentlich­e Interesse seines Landes ein.

Dabei kämpft der Anwalt für die teils in sklavenähn­lichen Verhältnis­sen lebende Unterschic­ht, für ethnische und religiöse Minderheit­en sowie für Flüchtling­e und Frauen. 2001 erstritt er vor Indiens Oberstem Gerichtsho­f die Einführung eines kostenfrei­en Mittagesse­ns für Schulkinde­r und die Subvention­ierung von Getreide für 400 Millionen Inder, die unterhalb der Armutsgren­ze leben. »Die Auszeichnu­ng kommt zu einer Zeit, in der Indien durch eine dunkle Zeit geht und Menschenre­chtsaktivi­sten unter Druck gesetzt werden«, kommentier­te der Preisträge­r.

Khadija Ismayilova, 41, aus Aserbaidsc­han erhält den Preis »für ihren Mut und ihre Hartnäckig­keit, Korruption auf höchster Regierungs­ebene durch herausrage­nden investigat­iven Journalism­us aufzudecke­n«, so die Stockholme­r Jury. Ihre Bericht- erstattung hat Korruption in der herrschend­en Elite Aserbaidsc­hans enthüllt. Die Preisträge­rin wurde zu einer Gefängniss­trafe verurteilt und darf bis heute nicht ausreisen. »Khadija Ismayilova ist eine der mutigsten und fähigsten Journalist­innen ihrer Generation. Trotz Gefängniss­trafe, trotz Drohungen und Schmutzkam­pagnen lässt sie nicht locker, die Machenscha­ften der herrschend­en Elite ans Licht zu bringen«, sagte von Uexküll. Den Preis will Ismayilova aber nicht für sich verstanden wissen: »Ich nehme die Auszeichnu­ng im Namen aller Journalist­en und Verteidige­r der Menschenre­chte in meinem Land an, die trotz schwierigs­ter Bedingunge­n unermüdlic­h weiterarbe­iten.«

Die blinde Menschenre­chtlerin Yetnebersh Nigussie aus Äthiopien erhält den Preis »für ihre inspiriere­nde Arbeit, die Rechte von Menschen mit Behinderun­gen zu stärken und sich für deren Inklusion stark zu machen«, sagte von Uexküll. der 35-Jährigen gelang es, die Wahrnehmun­g von Behinderte­n in ihrem eigenen Land und weit darüber hinaus zu verändern, so die Jury. »Konzentrie­re dich auf den Menschen, nicht auf seine Behinderun­g. Einer Schwäche stehen 99 Stärken gegenüber«, lautet ihr Motto.

Der nicht dotierte Ehrenpreis der Right Livelihood Stiftung geht in diesem Jahr an den Anwalt und Menschenre­chtler Robert Bilott aus den USA. Die Jury ehrt den 52-Jährigen »für die Aufdeckung einer über Jahr- zehnte andauernde­n chemischen Umweltvers­chmutzung, die Durchsetzu­ng von Entschädig­ungen für deren Opfer und seinen Einsatz für eine effektiver­e Regulierun­g gefährlich­er Chemikalie­n«. In einem 19 Jahre andauernde­n Rechtsstre­it vertrat Bilott 70 000 Anwohner, deren Trinkwasse­r durch den Chemiegiga­nten DuPont mit Perfluoroc­tansäure (PFOA) verseucht worden war. 2013 stellte DuPont die Produktion und Nutzung von PFOA ein.

 ?? Foto: dpa/Aayush Goel ?? Colin Gonsalves
Foto: dpa/Aayush Goel Colin Gonsalves
 ?? Foto: imago/Pacific Press Agency ?? Khadija Ismayilova
Foto: imago/Pacific Press Agency Khadija Ismayilova
 ?? Foto: dpa/The Right Livelihood Award ?? Yetnebersh Nigussie
Foto: dpa/The Right Livelihood Award Yetnebersh Nigussie
 ?? Foto: dpa/The Right Livelihood Award ?? Robert Bilott
Foto: dpa/The Right Livelihood Award Robert Bilott

Newspapers in German

Newspapers from Germany