Gar nicht so verschieden
Zu den Ergebnissen der Bundestagswahl 2017
Die SPD hat jetzt hoffentlich verstanden, dass sie unglaubwürdig geworden ist. Die deutsche Arbeiterschaft ist tief enttäuscht. Leider hat das nicht dazu geführt, dass die LINKE deutlichen Zuwachs bekommen hat. Das Erstarken der AfD ist so gesehen auch die Schuld der SPD, die das Vertrauen vieler Bürger mitte-links verloren hat. Es gibt jetzt die Chance für die SPD, sich zu erneuern und ihr Kernthema, die soziale Gerechtigkeit und Arbeitnehmerrechte, zu vertreten. In der Opposition wird der SPD dann vielleicht auffallen, dass sie sich von den LINKEN gar nicht so sehr unterscheidet. Man kann nicht sagen, die SPDSpitze hätte nicht die Zeichen ihrer Niederlage erkannt. Kritik »aus dem Volke« hatte es zur Genüge gehagelt, auch schon lange vor der Wahl. Die Quittung liegt nun vor. Die »Zeit für mehr Gerechtigkeit« von Martin Schulz bricht also nicht an.
Es war ja auch die »Gerechtigkeit« der SPD-Führung, die sich wesentlich von der unterscheidet, die man bei den Wählern empfindet. Nicht anzunehmen ist, dass sich die Partei in der Opposition selbst regeneriert, wie es Frau Wagenknecht den Sozialdemokraten so fürsorglich empfohlen hat, denn dann müsste zuerst die Spitze gereinigt werden. Das zweistellige Ergebnis der AfD insbesondere in den ostdeutschen Bundesländern ist alarmierend. Die marginalen Zugewinne an Stimmen für die LINKE sollten nicht zu einem »Weiter so» führen. Nach 27 Jahren hat sich im Osten ein Frust aufgestaut, der auf die ausgebliebenen Versprechungen zurückzu- führen ist. Der DDR-Bürger hatte mit der Wende etwas verloren, was ihm bis dahin so selbstverständlich war: soziale Sicherheit, Anerkennung seines Lebens, Erfolge und Misserfolge in 40 Jahren harter Arbeit. Der totale Ausverkauf des Ostens, der gezielte Zusammenbruch der Industrie, der Bruch sicher geglaubter Lebensläufe sowie Nichtanerkennung und Diskriminierung tragen jetzt ihre ungenießbaren Früchte.
Die Unterschiede zwischen Ost und West beim Einkommen, der Rente oder den Eigentumsverhältnissen sind nach 27 Jahren kaum kleiner geworden. Die Bundestagswahl brachte die Quittung. Das Thema Flüchtlinge war der Zug, den viele nutzten, um ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen. Das sollten alle Parteien bedenken. Auch die LINKE. Allgemeines Entsetzen über das Abschneiden der AfD. Dabei war es gar nicht so schwierig, das vorauszusehen. Laut F. J. Strauß durfte es rechts von CDU/CSU keine Partei geben. Da dort auch keine war, schlüpften die Rechten unter das Dach dieser Parteien. Mit den grölenden Glatzen von der NPD wollte man nichts zu tun haben. Das war zu offensichtlich.
Da bildete sich die AfD, die das politische Loch, welches die FDP hinterlassen hatte, schließen wollte. Und diese Partei, die an sich anfangs nicht unbedingt rechts einzustufen war, hat man schrittweise unterwandert. Jetzt hatten endlich all die Rechten, die sich bisher bei CDU/CSU versteckt hatten (z.B. Gauland), eine Plattform. Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktionellen Meinungsäußerungen. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.