nd.DerTag

Gar nicht so verschiede­n

Zu den Ergebnisse­n der Bundestags­wahl 2017

- Robert Heinen, Trier Henning Gans, Leipzig Franz Tallowitz , Per E-Mail Dr. Eckhard Schicht, Lutherstad­t Wittenberg

Die SPD hat jetzt hoffentlic­h verstanden, dass sie unglaubwür­dig geworden ist. Die deutsche Arbeitersc­haft ist tief enttäuscht. Leider hat das nicht dazu geführt, dass die LINKE deutlichen Zuwachs bekommen hat. Das Erstarken der AfD ist so gesehen auch die Schuld der SPD, die das Vertrauen vieler Bürger mitte-links verloren hat. Es gibt jetzt die Chance für die SPD, sich zu erneuern und ihr Kernthema, die soziale Gerechtigk­eit und Arbeitnehm­errechte, zu vertreten. In der Opposition wird der SPD dann vielleicht auffallen, dass sie sich von den LINKEN gar nicht so sehr unterschei­det. Man kann nicht sagen, die SPDSpitze hätte nicht die Zeichen ihrer Niederlage erkannt. Kritik »aus dem Volke« hatte es zur Genüge gehagelt, auch schon lange vor der Wahl. Die Quittung liegt nun vor. Die »Zeit für mehr Gerechtigk­eit« von Martin Schulz bricht also nicht an.

Es war ja auch die »Gerechtigk­eit« der SPD-Führung, die sich wesentlich von der unterschei­det, die man bei den Wählern empfindet. Nicht anzunehmen ist, dass sich die Partei in der Opposition selbst regenerier­t, wie es Frau Wagenknech­t den Sozialdemo­kraten so fürsorglic­h empfohlen hat, denn dann müsste zuerst die Spitze gereinigt werden. Das zweistelli­ge Ergebnis der AfD insbesonde­re in den ostdeutsch­en Bundesländ­ern ist alarmieren­d. Die marginalen Zugewinne an Stimmen für die LINKE sollten nicht zu einem »Weiter so» führen. Nach 27 Jahren hat sich im Osten ein Frust aufgestaut, der auf die ausgeblieb­enen Versprechu­ngen zurückzu- führen ist. Der DDR-Bürger hatte mit der Wende etwas verloren, was ihm bis dahin so selbstvers­tändlich war: soziale Sicherheit, Anerkennun­g seines Lebens, Erfolge und Misserfolg­e in 40 Jahren harter Arbeit. Der totale Ausverkauf des Ostens, der gezielte Zusammenbr­uch der Industrie, der Bruch sicher geglaubter Lebensläuf­e sowie Nichtanerk­ennung und Diskrimini­erung tragen jetzt ihre ungenießba­ren Früchte.

Die Unterschie­de zwischen Ost und West beim Einkommen, der Rente oder den Eigentumsv­erhältniss­en sind nach 27 Jahren kaum kleiner geworden. Die Bundestags­wahl brachte die Quittung. Das Thema Flüchtling­e war der Zug, den viele nutzten, um ihre Unzufriede­nheit zum Ausdruck zu bringen. Das sollten alle Parteien bedenken. Auch die LINKE. Allgemeine­s Entsetzen über das Abschneide­n der AfD. Dabei war es gar nicht so schwierig, das vorauszuse­hen. Laut F. J. Strauß durfte es rechts von CDU/CSU keine Partei geben. Da dort auch keine war, schlüpften die Rechten unter das Dach dieser Parteien. Mit den grölenden Glatzen von der NPD wollte man nichts zu tun haben. Das war zu offensicht­lich.

Da bildete sich die AfD, die das politische Loch, welches die FDP hinterlass­en hatte, schließen wollte. Und diese Partei, die an sich anfangs nicht unbedingt rechts einzustufe­n war, hat man schrittwei­se unterwande­rt. Jetzt hatten endlich all die Rechten, die sich bisher bei CDU/CSU versteckt hatten (z.B. Gauland), eine Plattform. Beiträge in dieser Rubrik sind keine redaktione­llen Meinungsäu­ßerungen. Die Redaktion behält sich das Recht Sinn wahrender Kürzungen vor.

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