nd.DerTag

Kein Spielraum für Barsani

- Roland Etzel zur Abstimmung in Irakisch-Kurdistan

Das endgültige Wahlergebn­is gibt es noch nicht, aber es ist letztlich nicht von Belang, ob die Bevölkerun­g Irakisch-Kurdistans mit 70, 90 oder noch mehr Prozent für eine Unabhängig­keit von Irak votierte. So groß der Enthusiasm­us der Kurden, so klein wird am Ende der Spielraum sein für einen eigenen, von der irakischen Zentralreg­ierung unabhängig­en kurdischen Staat. Immer wenn es kurdische Eigenständ­igkeit zu verhindern gilt, werden nahöstlich­e Rivalen temporär zu Verbündete­n.

So wie jetzt Ankara und Bagdad, die sich sonst nicht grün sind, nun aber demonstrat­iv ein gemeinsame­s – antikurdis­ches – Manöver ankündigte­n. Dabei bedarf es der militärisc­hen Drohung nicht einmal, um Kurdenpräs­ident Barsani die Prekarität einer kurdischen Unabhängig­keit gegen den erklärten Willen beider, Iraks und der Türkei, vor Augen zu führen. Der ökonomisch­e wäre wohl vor einem militärisc­hen Kollaps da.

Ein Binnenzwer­gstaat Irakisch-Kurdistan wäre sehr schnell wirtschaft­lich am Ende, wenn die Türkei ihre Drohung wahr macht und die Vermarktun­g kurdischen Öls über ihr Territoriu­m unterbinde­t. Bisher war nicht zu erwarten, dass Barsani dieses Vabanque-Spiel wirklich wagt. In jedem Falle ist die Bundesregi­erung zu fragen, warum sie angesichts dessen die 160 deutschen Militärber­ater in Nordirak nicht endlich abzieht.

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