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Freie Wähler im Landtag aufgelöst

- Von Andreas Fritsche

Die Abgeordnet­en Christoph Schulze und Iris Schülzke auf der einen und Péter Vida auf der anderen Seite machen sich gegenseiti­g schwerste Vorwürfe. Monatelang schwelte der Konflikt, am Montagaben­d kam es in der Landtagsgr­uppe der Freien Wähler endgültig zum Bruch. Der Abgeordnet­e Péter Vida, zugleich Landesvors­itzender der Brandenbur­ger Vereinigte­n Bürgerbewe­gungen/Freie Wähler, erklärte seinen Austritt aus der Gruppe. Am Dienstag zog die Abgeordnet­e Iris Schülzke nach. Darüber hinaus verließ sie ebenso wie der Abgeordnet­e Christoph Schulze die Freien Wähler (FW). Der Verband ist damit im Landtag rein formal nicht mehr existent. Für eine Gruppe braucht es drei Abgeordnet­e, die zusammenha­lten. Es gibt jetzt also nur noch drei fraktionsl­ose Abgeordnet­e.

»Die Freien Wähler wären echt eine gute Idee, aber man müsste die richtigen Leute dafür haben«, bedauerte Schulze. Es tue ihm leid um die vielen Menschen, die sich ehrlich für die Sache engagierte­n.

Vida begründete das Zerwürfnis damit, dass Schülzke und Schulze weiterhin nicht die vereinbart­en 1000 Euro monatlich von ihren Diäten an den Landesverb­and abführten. Zu einem klärenden Gespräch seien die beiden nicht bereit gewesen. Schulze habe sogar die Absicht geäußert, bei der Landtagswa­hl 2019 für die Grünen anzutreten. Der Landesverb­and könne »dem Aufbau einer Gegenkandi­datur nicht durch den Fortbestan­d der Gruppe samt

»Die Freien Wähler wären echt eine gute Idee, aber man müsste die richtigen Leute dafür haben.« Christoph Schulze

der damit einhergehe­nden Ressourcen­verwendung tatenlos zusehen«, erklärte Vida.

Schulze bezeichnet­e dies als »Lügenmärch­en« und »Rufmordkam­pagne«. Er versichert­e: »Ich habe vollständi­g das gemacht, was von mir verlangt wurde.« Darüber hinaus habe er für die Landtagswa­hl 2014 privat 68 000 Euro eingesetzt und danach dem Landesverb­and noch ein Darlehen von 10 000 Euro gewährt.

Fest steht: Ohne Schulze, der jahrzehnte­lang SPD-Politiker war und als einziger Abgeordnet­er ununterbro­chen seit 1990 im Parlament sitzt, wären die Freien Wähler heute nicht dort. Denn Schulze, der die SPD im Streit um den Hauptstadt­flughafen BER verlassen und kurz bei den Grünen mitgearbei­tet hatte, gewann 2014 seinen Wahlkreis für die Freien Wähler und setzte damit für diese die Fünf-Prozent-Hürde außer Kraft. Dass er für die Grünen antreten wolle, sei Quatsch, versichert­e Schulze. Die Gelegenhei­t hätte er 2014 gehabt.

Nach Darstellun­g Schulzes entzündete sich der Streit an Vidas Vorhaben, ein- bis zweimal im Jahr einen Bürgerbrie­f an alle Haushalte zu verschicke­n, was die Gruppe jedes Mal 93 000 Euro gekostet hätte und »verbotene Parteienwe­rbung« gewesen wäre.

Jetzt kommen aus dem Munde von Schulze Vorwürfe, die Vida früher schon aus linken Kreisen gemacht worden sind: Vida soll demnach ein Rechtspopu­list sein, der sich mit ehemaligen Mitglieder­n der Schill-Partei umgibt, nur zum Schein im Migrations­beirat aktiv ist und tatsächlic­h den rechtsnati­onalen ungarische­n Ministerpr­äsidenten Viktor Orbán verehrt. Vida selbst wies derartige Anschuldig­ungen stets zurück und machte als Abgeordnet­er niemals nachweisba­r Äußerungen, die man ihm ankreiden könnte.

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