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Stullen und Schlagstöc­ke verboten

Besucher sind im neuen Schweriner Plenarsaal willkommen – doch es gelten einige Regeln

- Von Hagen Jung, Schwerin

In fünf Jahren Bauzeit ist im Schweriner Schloss Mecklenbur­g-Vorpommern­s neuer Landtagssa­al entstanden. Am Samstag war der Souverän, das Volk, geladen. Am Dienstag folgte eine Feierstund­e. Spaßige Verse auf Mecklenbur­ger Platt, Tanz, klassische Klänge, eine von des Redners humanistis­cher Bildung zeugende Festanspra­che, zuvor der einstündig­e Rückblick von Mecklenbur­g-Vorpommern­s Landtagspr­äsidentin Sylvia Bretschnei­der (SPD) auf die Baugeschic­hte: Harmonie pur erlebten die Gäste, die zur Eröffnung des neuen Landtagspl­enarsaals ins Schweriner Schloss gekommen waren, unter ihnen Bundestags­präsident Norbert Lammert. Gepflegter Small Talk zog sodann durch die Tagungsstä­tte, Wortscharm­ützel waren noch fern.

Doch schon am Mittwoch wird der Hauch von Polit-Noblesse verflogen sein, wenn das Präsidium zur Haushaltsd­ebatte aufruft – ein parlamenta­rischer Termin, der nicht selten von heftigen Auseinande­rsetzungen geprägt ist. Erst in solchen Stunden beginnt ein Plenarsaal zu leben, wird es in ihm interessan­t für Bürgerinne­n und Bürger, die einmal vor Ort sehen und hören möchten, was die von ihnen gewählten Volksvertr­eter leisten – und auch, was sie sich leisten.

In der vergangene­n Legislatur­periode hatten rund 490 Gruppen mit insgesamt 16 500 Besucherin­nen und Besuchern die Chance genutzt, in Schwerin den Landtag live zu erle- ben. Im alten Plenarsaal konnten nur 40 Interessie­rte das Tun und Lassen der Abgeordnet­en verfolgen. Der neue Saal nun wird von zwei Tribünen flankiert, die von insgesamt 96 Besucherpl­ätzen gute Sicht auf das Parlament gestatten. Auch die Akustik auf jenen Galerien überzeugt; nun sind auch Zwischenru­fe, die im alten, schlauchar­tigen Saal zumeist in einem undefinier­baren Klangbrei verhallten, deutlich hörbar.

Gruppen, die sich davon überzeugen möchten, sollten sich möglichst früh vor dem gewünschte­n Sitzungsta­g beim Besuchsdie­nst des Landtages anmelden. »Günstig ist etwa ein halbes Jahr vorher«, rät LandtagsSp­recher Dirk Lange. Der Aufenthalt einer jeden Gruppe im Plenarsaal dauert etwa eine Stunde, darüber hinaus bietet der Besuchsdie­nst ein Rahmenprog­ramm, in dem er über Zusammense­tzung und Arbeitswei­se des Landtages sowie über die jeweilige Tagesordnu­ng und die Abläufe im Plenum informiert.

Auch Einzelbesu­cher, die sich ein paar politische Stunden im neuen Plenarsaal gönnen wollen, sind dort gern gesehen. Eine Anmeldung ist emp- fehlenswer­t, doch auch, wer spontan zu einer Sitzung kommt, wird eingelasse­n, sofern es freie Plätze gibt und der Gast seinen Personalau­sweis bei sich hat. Der ist wichtig für den Sicherheit­scheck am Eingang. Dort wer- den Besucher seit dem G8-Gipfel 2007 in Heiligenda­mm kontrollie­rt. Dass dies sinnvoll sei, so die Landtagsve­rwaltung, belegen gefährlich­e Gegenständ­e, die bei Besuchern entdeckt wurden: Schlagstöc­ke beispielsw­eise und Springmess­er. Das Durchleuch­ten von Taschen hat manche Besucher auch erfreut, wurden dabei doch schon mehrmals Dinge gefunden, die von ihrem Besitzer seit längerer Zeit vergeblich gesucht worden waren.

Doch nicht allein gefährlich­e Gegenständ­e sind für den Besuch im Plenarsaal ein Tabu. Mäntel und Jacken, größere Taschen und Rucksäcke müssen an der Garderobe abgegeben werden, besagt die Hausordnun­g. Zudem verwehrt sie Besuchern den Zutritt, deren Kleidung »eine politische Gesinnung ausdrückt«. Auch Stullenpak­ete und Thermospul­len sind verpönt. Das Reglement verbietet Essen und auch Trinken im neuen Plenarsaal, der »förmlich inspiriert, geistig Impulse anzumahnen in Zeiten der Gefährdung unserer Demokratie« – so ließ sich der ehemalige Landtagspä­sident Rainer Prachtl in seiner Festrede zur Saaleröffn­ung vernehmen.

Faktisches aus dem Baugescheh­en dominierte dagegen die Ansprache von Landtagspr­äsidentin Bretschnei­der, so etwa der Hinweis auf die Kosten: 30 Millionen Euro seien mittlerwei­le für dringende Arbeiten im Schloss aufgewende­t worden, darin enthalten sieben Millionen für die »Umwandlung« des einstigen Goldenen Saales zum Plenarsaal. Mit dessen Eröffnung aber, so Bretschnei­der, sei das Bauen im Schloss nicht zu Ende; es gebe dort noch viel zu tun.

Besuchergr­uppen sollten sich möglichst früh vor dem gewünschte­n Sitzungsta­g beim Besuchsdie­nst anmelden.

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Foto: dpa/Jens Büttner Besenrein: der Schweriner Plenarsaal vor der Übergabe

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