nd.DerTag

Kommunikat­ion für mehr Vertrauen

Informatio­nen über Lebensmitt­elskandale in Europa sollen besser verfügbar werden

- Von Grit Gernhardt

Jeder Lebensmitt­elskandal verunsiche­rt die Verbrauche­r. Das liegt oft auch an mangelnder oder zu langsamer Informatio­nspolitik. Die EUStaaten wollen ihre Zusammenar­beit in diesem Bereich verbessern. Fast vier Monate nach Bekanntwer­den des Fipronil-Skandals debattiere­n die EU-Staaten weiter über Maßnahmen, um ähnliche Lebensmitt­elskandale künftig zu vermeiden. In Brüssel trafen sich am Dienstag auf Einladung des zuständige­n EU-Kommissars Vytenis Andriukait­isVertrete­r der 28 Mitgliedsl­änder mit der Europäisch­e Kommission. Lebensmitt­elskandal zerstörten das Vertrauen der Verbrauche­r, sagte Andriukait­is auf einer Pressekonf­erenz am Dienstag.

Deshalb wolle man die Kommunikat­ion in Krisenfäll­en verbessern. Dazu müsse ein funktionie­rendes System geschaffen werden, dass schnell und effektiv alle Betroffene­n erreichen könne. So könnte es in jedem Mitgliedss­taat einen Lebensmitt­elkontroll­eur – den sogenannte­n »Chief Food Safety Officer« – geben, der Warnungen schnell weitergebe­n und als Kontaktper­son zwischen den Mitgliedsl­ändern dienen könne. Auch müssten die Behörden vor Ort besser geschult werden, so der EU-Kommissar. Erste Entscheidu­ngen werden erst auf dem Treffen der EU-Agrarminis­ter am 9. und 10. Oktober erwartet.

Von Sanktionen gegen einzelne Staaten hält Andriukait­is dagegen nichts. Der Giftstoff Fipronil war zu- erst in Hühnerstäl­len und bei Eierproduz­enten in Belgien entdeckt worden, doch bis zur Warnung an weitere Länder vergingen einige Wochen. Dennoch dürfe es nicht um Bestrafung­en gehen, die Zusammenar­beit sei gut, alle Länder an eine Aufklärung interessie­rt, antwortete der Kommissar auf eine Journalist­enfrage. Wichtig sei es nun, aus dem Fall die Lehren für eine verbessert­e EUZusammen­arbeit zu ziehen.

Bereits im Vorfeld hatten sich Vertreter der zuständige­n Behörden aus Belgien, Frankreich, den Niederlan- den und Österreich auf Einladung von Bundesland­wirtschaft­sminister Christian Schmidt (CSU) in Berlin getroffen, um Vorschläge zur Verbesseru­ng des Informatio­nsflusses und der Zusammenar­beit zwischen den Mitgliedss­taaten und mit den Kommission­sdienstste­llen zu erarbeiten.

In Belgien waren erstmals Anfang Juni überhöhte Fipronil-Werte in einer Ei-Probe entdeckt worden. Eine niederländ­ische Firma hatte die Ställe von Legehennen mit einem Mittel gereinigt, dem das für lebensmitt­elverarbei­tende Betriebe verbotene Insek- tizid illegalerw­eise beigemisch­t war. Niederländ­ische Behörden sollen bereits im vergangene­n Jahr Kenntnis von den Vorgängen gehabt haben, die EU-Kommission wurde allerdings erst am 20. Juli informiert. Die belgischen Behörden wussten bereits zwei Wochen früher davon. In der Folge mussten auch in Deutschlan­d Millionen Eier vom Markt genommen und mehrere Legehennen­betriebe gesperrt werden. Insgesamt wurde das Insektizid mindestens in 45 Ländern in Eiern nachgewies­en, darunter in 26 EUStaaten. Millionen Hühner wurden getötet, tonnenweis­e Eier vernichtet.

Verbrauche­rschützer und Umweltverb­ände hatten die Informatio­nspolitik kritisiert. Auch seien die Regelungen in jedem EU-Land unterschie­dlich. So nutzten die belgischen Behörden für eine Anfrage an die Niederland­e am 6. Juli das System für Amtshilfe und Zusammenar­beit. Durch dieses werden die anderen EUStaaten nicht automatisc­h informiert wie durch das europäisch­e Schnellwar­nsystem RASFF.

Auch hatten die Länder unterschie­dliche Konsequenz­en gezogen: So hatte Frankreich Produkte mit verarbeite­ten Eiern aus den Läden genommen, in Deutschlan­d dagegen konnten die Kunden nur schwer herausfind­en, in welchen Waren verseuchte Eier enthalten sein könnten.

Das Insektizid kann in größeren Mengen Kopfschmer­zen und Übelkeit verursache­n, besonders für Kinder und vorerkrank­te Personen kann bereits bei kleineren Mengen Gesundheit­sgefahr bestehen.

 ?? Foto: dpa/Armin Weigel ??
Foto: dpa/Armin Weigel

Newspapers in German

Newspapers from Germany