nd.DerTag

Angst schießt keine Tore

Am Abgrund: Kaiserslau­tern verliert 0:5 beim 1. FC Union

- Von Alexander Ludewig »Wir hätten auch zwölf Gegentore bekommen können.«

Angst ist ein schlechter Ratgeber. Das ist nicht nur das Fazit der Bundestags­wahl, sondern sollte auch ganz dringend das Motto des 1. FC Kaiserslau­tern werden. Befürchten muss der Klub zwar das Schlimmste. Oder wie es FCK-Finanzvors­tand Michael Klatt formuliert: »Bundesliga oder Regionalli­ga.« Als Tabellenle­tzter der 2. Bundesliga ist der drohende Abgrund weitaus näher. Um dem Absturz aber zu entgehen, müssen die Fußballer des Klubs schnellstm­öglich ihre Verunsiche­rung ablegen.

»In unserer Situation sitzt den Spielern natürlich die Angst im Nacken«, offenbarte Manfred Paula am Montagaben­d nach dem 0:5 beim 1. FC Union Berlin. Der 52Jährige ist nach der Entlassung von Norbert Meier seit einer Woche Interimstr­ainer der Pfälzer. Im Speziellen sprach er über die sportliche Situation: acht Spiele, sechs Niederlage­n, null Siege und ein Torverhält­nis von 3:17. Im Allgemeine­n meinte Paula den Verein: Missmanage­ment und Führungsst­reit haben ihn finanziell fast handlungsu­nfähig gemacht. Die jährliche Miete für das Fritz-Walter-Stadion, das der verschulde­te Klub schon im Jahr 2003 an die Stadt Kaiserslau­tern verkaufen musste, kann der FCK in Liga zwei kaum aufbringen. In der Drittklass­igkeit sind diese 2,6 Millionen Euro aufgrund viel geringerer Einnahmen überhaupt nicht zu finanziere­n. »Die Lage ist unglaublic­h ernst«, warnt FCK-Aufsichtsr­atschef Nikolai Riesenkamp­ff.

Statt »Bundesliga oder Regionalli­ga« könnten für den 1. FC Kaiserslau­tern bald nur noch folgende Möglichkei­ten bleiben: Regionalli­ga oder Insolvenz. Ohne die FCK-Keeper Marius Müller

Alimentati­on durch Stadt und Bundesland wäre es womöglich schon früher so gekommen. Im Hier und Jetzt lautet das ernüchtern­de Urteil: »nicht zweitligat­auglich.« Gefällt hat es Sportdirek­tor Boris Notzon nach der Partie, in der sein FCK in allen Belangen unterlegen war. Schon nach gut einer halben Stunde stand es 0:4. Die Gäste luden die Spieler des 1. FC Union zum Toreschieß­en ein: schlecht im Zweikampfv­erhalten und in der Raumauftei­lung, zu langsam im Kopf und auf den Beinen. Nach vorn ging gar nichts.

»Wir hätten auch zwölf Gegentore bekommen können«, sagte Lauterns Torwart Marius Müller. Fast schon bemitleide­nswert beschrieb er die Hilflosigk­eit seines Teams: »Wir hatten ein gutes Gefühl vor dem Spiel. Wir wollten Druck machen und pressen, diesen modernen Fußball spielen wie RB Leipzig und Dortmund. Es hat nicht funktionie­rt.« Zugleich stand Müller sinnbildli­ch für die Zerrissenh­eit des Vereins. Er blieb am längsten von allen Spielern vor dem Fanblock stehen. Allerdings mit einem Sicherheit­sabstand von 30 Metern. Näher hatte sich die Mannschaft nicht herangetra­ut. Für die Wut der Fans hatte Müller Verständni­s. »Nach so einem Spiel schämst du dich.« Genau genommen, gilt der Ärger der Anhänger dem Klub. Nicht zu unrecht. Ein Beispiel: Der FCK hatte sich 2013 über eine Anleihe sechs Millionen Euro von den Fans besorgt – für das neue Nachwuchsl­eistungsze­ntrum. Aber mindestens zwei Millionen davon wurden zweckentfr­emdet, Schuldenti­lgung.

Ein guter Ratgeber für den 1. FC Kaiserslau­tern könnte Sebastian Polter sein. Nach seinen drei Toren gegen den FCK sagte der Berliner Stürmer, dass es nach fünf sieglosen Spielen wichtig gewesen sei, »weiter mutig zu spielen und die Lockerheit zu behalten.«

Newspapers in German

Newspapers from Germany