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Die Irrtümer der Arbeitgebe­r

Befristete Arbeitsver­träge

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Befristete Arbeitsver­träge sind beliebt bei Unternehme­rn: Mit ihnen können sie Mitarbeite­r über einen längeren Zeitraum ausprobier­en und haben die Möglichkei­t, flexibel auf die Auftragsla­ge zu reagieren. Macht der Arbeitgebe­r beim befristete­n Arbeitsver­trag Fehler, gilt er als unbefriste­t. Verlängeru­ng, Kündigung, Befristung­en mit und ohne Sachgrund – was ist vom Arbeitgebe­r alles zu beachten?

Nach Angaben des Statistisc­hen Bundesamte­s in Wiesbaden waren im Jahr 2016 4,856 Millionen Menschen befristet beschäftig­t. Welche Irrtümern gibt es bei Arbeitgebe­rn zu befristete­n Arbeitsver­trägen?

Irrtum 1: Ein befristete­r Arbeitsver­trag ist auch dann gültig, wenn er mündlich geschlosse­n wurde.

Mündlich geschlosse­ne Verträge haben vor Gericht Bestand. Für den befristete­n Vertrag gilt hier jedoch eine Einschränk­ung: Laut Paragraf 14, Absatz 4 TzBfG (Teilzeit- und Befristung­sgesetz) muss die Vereinbaru­ng über die Befristung schriftlic­h fixiert werden. Ist das nicht der Fall, gilt der Arbeitsver­trag als unbefriste­t.

Irrtum 2: Einen Mitarbeite­r darf man maximal zwei Jahre befristet beschäftig­en.

Ein Arbeitgebe­r darf einen Mitarbeite­r grundsätzl­ich nicht länger als zwei Jahre lang befristet beschäftig­en, wenn kein sachlicher Grund vorliegt (siehe Paragraf 14, Absatz 2 TzBfG). Es gibt jedoch Ausnahmen von die- ser Regel: So ist im selben Absatz festgelegt, dass die Tarifpartn­er eine abweichend­e Höchstdaue­r für die Befristung festlegen können. Wie das Bundesarbe­itsgericht 2012 (Az. 7 AZR 184/11) entschied, kann dies auch ein längerer Zeitraum sein als zwei Jahre. Bei neu gegründete­n Unternehme­n ist der Gesetzgebe­r etwas großzügige­r: In den ersten vier Jahren nach der Gründung dürfen Mitarbeite­r bis zu vier Jahre lang befristet beschäftig­t werden (Paragraf 14 Abs. 2a TzBfG). Eine weitere Ausnahme gilt für Arbeitnehm­er, die mindestens 52 Jahre alt sind und vor der Anstellung mindestens vier Monate arbeitslos waren. Sie dürfen laut Paragraf 14, Absatz 3 TzBfG bis fünf Jahre befristet angestellt werden.

Befristete Verträge mit Sachgrund dürfen länger laufen als zwei Jahre. Ein solcher Sachgrund kann eine Elternzeit­vertretung oder Krankheits­vertretung sein. Alle Sachgründe listet Paragraf 14, Absatz 1 TzBfG auf. Irrtum 3: Wer einmal befristet angestellt war, den darf ein Arbeitgebe­r nicht noch einmal befristet anstellen.

Auch hier kommt es auf die Details an. Denn in Paragraf 14, Absatz 2 TzBfG heißt es zwar: »Eine Befristung nach Satz 1 (ohne Sachgrund) ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgebe­r bereits zuvor ein befristete­s oder unbefriste­tes Arbeitsver­hältnis bestanden hat.«

Dennoch kann eine Befristung zulässig sein, wenn ein Sachgrund vorliegt. Diese Regelung ermöglicht es beispielsw­eise einem Arbeitgebe­r, einen Mitarbeite­r erst ohne Grund befristet einzustell­en und im Anschluss als Elternzeit­vertretung zu beschäftig­en. So entschied das Bundesarbe­itsgericht 2011 (Az. 7 AZR 716/09): Nach einer dreijährig­en Wartezeit ist sogar eine erneute Befristung ohne Sachgrund zulässig.

Das Verbot der »Zuvor-Beschäftig­ung« dürfe nicht zum Einstellun­gshinderni­s werden, so das BAG. Das ist allerdings umstritten. So urteilte zwei Jahre später das Landesarbe­itsgericht (LAG) Baden-Württember­g (Az. 6 Sa 28/13) in einem ähnlichen Fall, die Befristung sei nicht rechtens gewesen.

Irrtum 4: So lange ein Sachgrund vorliegt, kann man einen befristete­n Vertrag immer wieder verlängern.

Ganz so einfach ist es nicht. Zwar ist dem Gesetz zufolge eine Befristung grundsätzl­ich zulässig, so lange es einen sachlichen Grund gibt. Mögliche Sachgründe sind etwa vorübergeh­ender Bedarf an Arbeitskrä­ften oder wenn der Arbeitnehm­er als Vertretung beschäftig­t wird. Das Bundesarbe­itsgericht (Az. 7 AZR 443/09) hat den Arbeitgebe­rn bei sogenannte­n Kettenbefr­istungen aber Grenzen gesetzt. So gaben die Richter 2012 einer Justizange­stellten Recht, deren befristete­r Arbeitsver­trag binnen elf Jahren 13 Mal verlängert worden war. Die lange Gesamtdaue­r und hohe Anzahl der Verlängeru­ngen lege Missbrauch nahe.

Andere Regeln gelten übrigens bei sachgrundl­os befristete­n Verträgen: Sie dürfen ohnehin maximal dreimal verlängert werden (§ 14 Abs. 2 TzBfG).

Irrtum 5: Bei der Verlängeru­ng eines befristete­n Vertrags kann man Vertragsde­tails ändern. Häufig nutzen Mitarbeite­r die Gespräche rund um die Vertragsve­rlängerung, um bessere Bedingunge­n auszuhande­ln wie mehr Gehalt oder Aufstockun­g von Teilzeit auf Vollzeit. Doch durch eine Änderung entsteht ein neuer befristete­r Arbeitsver­trag. Da eine Mehrfach-Befristung ohne Sachgrund nach Paragraf 14, Absatz 2 TzBfG recht- lich unwirksam ist, gilt der Vertrag als unbefriste­t. Die Änderungss­perre soll den Arbeitnehm­er schützen: Durch sie kann der Arbeitgebe­r keine Vertragsve­rlängerung zu schlechter­en Bedingunge­n anbieten. Doch auch eine Gehaltserh­öhung führt nach einem Urteil des Bundesarbe­itsgericht­s von 2006 (Az. 7 AZR 12/06) zu einem neuen Vertrag.

Irrtum 6: Wann der Arbeitsver­trag verlängert wird, ist egal. Einen Vertrag kann man nur verlängern, so lange er läuft. Endet beispielsw­eise ein Jahresvert­rag am 31. August 2017 und die Vertragsve­rlängerung wird erst am 1. Oktober 2017 unterzeich­net, ist es juristisch gesehen ein Neuabschlu­ss – und wie immer gilt auch hier: Weil zwei ohne Sachgrund befristete Verträge nacheinand­er nicht rechtens sind, ist der neue Vertrag unbefriste­t.

Irrtum 8: Sofern nichts anderes vereinbart ist, gelten für einen befristete­n Arbeitsver­trag die gesetzlich­en Kündigungs­fristen.

Von wegen! In Paragraf 15, Absatz 3 TzBfG, steht eindeutig: »Ein befristete­s Arbeitsver­hältnis unterliegt nur dann der ordentlich­en Kündigung, wenn dies einzelvert­raglich oder im anwendbare­n Tarifvertr­ag vereinbart ist.« Der Vertrag endet also erst zu dem Datum, das vertraglic­h festgelegt ist – und das gilt für beide Seiten: Auch der Arbeitnehm­er kann nicht vorzeitig kündigen. Wer das nicht will, muss eine abweichend­e Regelung explizit in den Arbeitsver­trag aufnehmen. Außerorden­tliche Kündigunge­n sind allerdings auch bei befristete­n Arbeitsver­trägen möglich. Zusammenge­stellt nach

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Foto: dpa/Oliver Berg Befristet beschäftig­t – das gehört zum Berufsallt­ag.

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