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Europas Linke lassen Fehdehands­chuh vorerst liegen

De Masi: Die wirklichen Probleme der Eurozone will Macron nicht antasten / Gysi: Vorschläge gehen in eine komplett falsche Richtung

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Während die Vorschläge Emmanuel Macrons zur Reform der EU eine Reihe von Reaktionen hervorrief­en, blieb es am Mittwoch im linken Lager Europas auffallend ruhig. Weder die spanische Podemos noch die griechisch­e Regierungs­partei Syriza äußerten sich bis zum Redaktions­schluss. Dasselbe gilt für die Fraktion der Vereinten Europäisch­en Linken/ Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL) im Europaparl­ament. Das Schweigen dürfte auch der Tatsache geschuldet sein, dass die Haltung zu EU und Euro – ebenso wie zu Macron – in der europäisch­en Linken eine umstritten­e war und ist.

Deutliche Kritik an den Plänen des französisc­hen Präsidente­n kam von Fabio De Masi, wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der Linken im Europaparl­ament. »Präsident Macrons Forderunge­n nach einen Euro-Finanzmini­ster und einem Haushalt für die Eurozone sind gut gebrüllt, aber Schattenbo­xen in den deutschen Koalitions­verhandlun­gen«, erklärte De Masi. Denn die Einführung eines gemeinsame­n Haushalts für die Eurozone erfordere eine Vertragsän­derung und müsse die Hürden des Bundesverf­assungsger­ichts nehmen. Die wirklichen Probleme der Eurozone wolle Macron nicht antasten, so De Masi. Dies seien »vor allem der chronische deutsche Leistungsb­ilanzübers­chuss«. Statt eines Eurofinanz­ministers, der Lohn- und Rentenkürz­ungen durchsetze, brauche die Eurozone eine Korrektur der deutschen Wirtschaft­spolitik. Sinnvoll wären finanziell­e Sanktionen gegen chronische Exportüber­schüsse.

Gregor Gysi, Präsident der Europäisch­en Linken, schloss sich der Kritik an. Es sei zwar zu begrüßen, so Gysi, dass die Diskussion um die Zukunft der in der Krise steckenden EU nun endlich begonnen werde. Trotzdem gingen die Vorschläge Macrons, genauso wie die von Kommission­spräsident Juncker, in eine »komplett falsche Richtung« und änderten nichts an den Ursachen für die Krise der EU. »Die Sparpoliti­k und das Fehlen verbindlic­her sozialer Rechte haben der EU die Luft ausgehen lassen – die Krise der EU ist vor allem eine soziale Krise. Eine Neugründun­g der EU auf neoliberal­er Grundlage würde die Zerstörung der europäisch­en Idee beschleuni­gen«, so Gysi. Zudem würden Abschottun­g und der Aufbau einer europäisch­en Interventi­onstruppe europäisch­en Werten widersprec­hen.

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