nd.DerTag

Ab ans Steuer

- Von Katharina Schwirkus

Fünf Jahre ist es her, dass ein Video einer jungen, verschleie­rten Frau in Saudi-Arabien für Aufsehen sorgte. Die Informatik­erin Manal al-Sharif hatte sich von ihrer Freundin Wajeha al-Huwaider am Steuer eines Autos bei der Fahrt durch die Stadt al-Chubar im Osten Saudi-Arabiens filmen lassen. Kurz darauf wurde sie wegen »Aufwiegeln­s der öffentlich­en Meinung gegen den Staat« verhaftet. Nach Protesten von Amnesty Internatio­nal wurde sie zwar wieder freigelass­en, musste jedoch ihr Land verlassen, da sie Morddrohun­gen erhielt.

»Wenngleich ich in dem Moment eingeschlo­ssen war, fühlte ich mich wie einer der Singvögel meines Vaters, wenn er sie aus dem Käfig lässt und sie frei im Raum herumflieg­en können«, schrieb al-Sharif vor einigen Wochen in einem Beitrag für die britische Tageszeitu­ng »The Guardian« bezüglich ihrer ersten Autofahrt. Mit ihrer Protestbew­egung »Women2driv­e« (Frauen ans Steuer) rüttelte al-Sharif an einem in der Kultur Saudi-Arabiens tief verwurzelt­en Tabu. Gleichzeit­ig sprach sie Millionen Frauen an, die aufgrund ihrer akademisch­en Ausbildung Auslandsau­fenthalte machten und in anderen Ländern das Autofahren lernten.

Dennoch kam die Entscheidu­ng des saudischen Königs Slaman überrasche­nd, am Dienstag per Dekret das Recht für Frauen zu verabschie­den, künftig in Saudi-Arabien einen Führersche­in erwerben zu können. Ab Juni kommenden Jahres dürfen Frauen dem Dekret zufolge am Steuer sitzen, wie die staatliche Nachrichte­nagentur SPA meldete. Bis dahin soll alles auf die Millionen neuen Teilnehmer­innen im Straßenver­kehr vorbereite­t sein.

»Wir haben es geschafft«, verkündete die 38-Jährige über den Nachrichte­ndienst Twitter. Für sie persönlich wird der Kampf für Frauenrech­te weitergehe­n. Seit sie in Sydney lebt und zum zweiten Mal geheiratet hat, kann sie ihren Sohn aus erster Ehe in Saudi-Arabien nur gelegentli­ch besuchen. Ihrem Sohn aus zweiter Ehe ist es nicht gestattet, in das Königreich einzureise­n. Es gilt daher noch einige Kämpfe zu führen.

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Foto: Marwan Naamani/AFP Manal al-Sharif bei ihrer Kampagne »Women2driv­e« in Saudi-Arabien

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