nd.DerTag

Klammheiml­ich in Kabul

Roland Etzel zu zwei hochdotier­ten Besuchern in Afghanista­ns Hauptstadt

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Wieder einmal haben der NATO-Generalsek­retär und ein US-amerikanis­che Verteidigu­ngsministe­r Afghanista­n aufgesucht – »überrasche­nd«, wie die Nachrichte­nagentur dpa schrieb und wohl »unangekünd­igt« meint. Und, das darf wohl vermutet werden, damit eine treffender­e Titulierun­g wie »klammheiml­ich« umgehen wollte.

Wenn sich der ranghöchst­e atlantisch­e Warlord und sein Hauptspons­or persönlich und im Doppelpack in Kabul gewisserma­ßen einschleic­hen, lässt das verschiede­ne Schlussfol­gerungen zu. Die naheliegen­dste davon ist, dass ihre Beliebthei­t im Land am Hindukusch nach wie vor sehr weit unten anzusiedel­n ist, weshalb sie es vorziehen, ohne jegliches Aufsehen einzuflieg­en, ehe sich etwa Protest formiert. Die Taliban haben es sich trotzdem nicht nehmen lassen, ein paar Raketen als Grußbotsch­aft aufs Kabuler Rollfeld zu schicken, was bereits auf die desolate militärisc­he Lage der westlichen Heilsbring­er in Afghanista­n und ihrer einheimisc­hen Schützling­e hindeutet. Beider Botschaft dennoch: noch mehr Militär.

Dass die Wiederaufs­tockung der Besatzungs­armee die Reputation von Präsident Ghani aufbessert, ist aber wohl westliches Wunschdenk­en und also zu bezweifeln, zumal der »Überraschu­ngs«besuch der Bevölkerun­g auch zeigt: Mit der Souveränit­ät ihrer Regierung ist es nicht weit her.

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