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Zwei Pleiten für Trump

Obamacare bleibt und die Senatsmehr­heit wackelt

- Von Oliver Kern

Mitch McConnell hatte keinen guten Tag. Die erste schlechte Nachricht verkündete er am Dienstag noch selbst: »Wir geben die Abschaffun­g von Obamacare zwar nicht auf. Wir schaffen es nur nicht in dieser Woche«, sagte der Mehrheitsf­ührer im Senat der USA. Das Halten des wichtigste­n Wahlverspr­echens wird auf 2019 verschoben, doch auch dann ist es nur umsetzbar, wenn die Partei von Präsident Donald Trump ihre Mehrheit im Senat ausbaut.

Danach sieht es aber nicht aus, denn die nächste schlechte Nachricht erreichte McConnell am Abend aus Alabama. Für den frei gewordenen Senatssitz von Justizmini­ster Jeff Sessions hatte McConnell Luther Strange vorgesehen – und ihn mit 30 Millionen Dollar im innerrepub­likanische­n Vorwahlkam­pf unterstütz­t. Auch Trump warb für Strange, und doch verlor dieser gegen den ultrarecht­en ehemaligen Richter Roy Moore. Der machte in der Vergangenh­eit mit homophoben, rassistisc­hen und erzkonserv­ativ christlich­en Aussagen Schlagzeil­en, was den weißen Wählern im Südstaat Alabama aber offenbar mehr zusagte als die Aussicht auf einen »Hört sich an, als wär er ein toller Typ.« Donald Trump über den homophoben und rassistisc­hen Roy Moore

Hinterbänk­ler, der im Senat nur nach McConnells Pfeife tanzt. Nach einem Gespräch mit Wahlsieger Moore twitterte Trump dann Mittwochmo­rgen: »Hört sich an, als wär er ein toller Typ. Roy, gewinne im Dezember!«

Das Establishm­ent der Partei ist verhasst an der Basis. Das nutzte Trump noch für seinen Sieg 2016, doch im Kongress braucht der Präsident nun die Alteingese­ssenen vom Schlage McConnells, um Gesetze zu verabschie­den. Die Republikan­er haben nur eine knappe Senatsmehr­heit von 52:48 Sitzen. In acht Jahren Fundamenta­loppositio­n hat es McConnell offensicht­lich verlernt, mit den Demokraten zu arbeiten. Also reichen stets drei Abweichler, um die Gesetzesvo­rhaben zu kippen. Die verschiede­nen Parteiflüg­el fanden bei der Gesundheit­sreform keinen Kompromiss, bei der anstehende­n Steuerrefo­rm wird bald Ähnliches erwartet. Mit dem Anti-Establishm­entkämpfer Moore würde es noch schwierige­r, sollte der tatsächlic­h Senator werden.

Groteskerw­eise jubeln die Demokraten über den Vorwahlsie­g eines Ultrarecht­en, denn ihr Kandidat Doug Jones hat plötzlich eine kleine Siegchance im tief rechten Alabama. Manchen Republikan­ern dürften Moores Ansichten dann doch zu heftig sein, so dass sie im Dezember entweder gar nicht oder Jones wählen könnten. Zudem erkennen auch andere moderate Senatoren jetzt, dass viel Geld und die Unterstütz­ung Trumps nicht immer reichen, um in Vorwahlen gegen Rechtsauße­nkandidate­n zu bestehen. Bob Corker kündigte sogleich an, 2018 nicht mehr anzutreten – die nächste schlechte Nachricht für Mitch McConnell, denn plötzlich gerät sogar Tennessee in Reichweite der Demokraten.

Bei den Wahlen 2018 müssen sie 23 Senatssitz­e verteidige­n, die Republikan­er vermutlich nur acht. McConnell wollte seine Mehrheit eigentlich ausbauen, um die Abweichler endlich ignorieren zu können. Nun muss er fürchten, die Mehrheit ganz zu verlieren.

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