nd.DerTag

Warschau lässt seine Drachen los

Polens großangele­gte Militärübu­ng findet nicht nur Beifall bei anderen NATO-Partnern

- Von René Heilig

Seit einer Woche läuft in Polen ein Militärman­över. 17 000 Mann aus zwölf Staaten sind aufgeboten. Doch deren Kriegsspie­l erregt – anders als eine gerade beendete russische Übung – kaum Widerspruc­h.

Polens Medien überbieten sich bei der Berichters­tattung über das Manöver »Dragon 17«. Verschiede­nste Warschauer Ministerie­n stellen ihren Beitrag für die Drachen-Übung, an der sich Land-, Luft und Seestreitk­räfte beteiligen, heraus. Man begreift das Szenario als ein gesamtgese­llschaftli­ches. Bei der Übung gehe man, so Michal Dworczyk, Staatssekr­etär im polnischen Verteidigu­ngsministe­rium, davon aus, dass ein Nachbarlan­d versuche, ein Gebiet Polens unter Kontrolle zu bringen. Dabei setze der Feind auch auf »hybride Aktivitäte­n«.

Man braucht nicht übermäßig viel Fantasie, um sich auszumalen, aus welcher Richtung Warschau diesen fiktive Angriff erwartet. Dworczyk betont, die Planung basiere darauf, was »wir unter anderem in der Ukraine während der Annexion der Krim oder des Angriffs der Russischen Föderation auf den Donbass sahen«.

Polen schlägt mit allem, was man aufbieten kann, zurück. Die Luftwaffe fliegt Bodenangri­ffe, Panzereinh­eiten stürmen gegen den imaginären Feind, die Marine setzt Landungstr­uppen ab, es regnet Fallschirm­jäger vom Himmel. Zum ers- ten Mal beteiligen sich Truppen der territoria­len Verteidigu­ng, kurz WOT. Die patriotisc­hen Freizeitkr­ieger, die monatliche Kurzausbil­dungen erhalten und sich darüber hinaus jederzeit für gewichtige­re Aufgaben zur Rettung der Heimat bereithalt­en müssen, sichern bei »Dragon 17« Nachschubw­ege und leisten andere Hilfsdiens­te für die regulären Truppen.

»Dragon«-Übungen finden in Polen alle zwei Jahre statt. Daher sei die aktuelle auch keine direkte Antwort auf das jüngst beendet »Sapad 2017«Manöver, das Moskau an der russischen Westgrenze und in Belorussla­nd stattfinde­n ließ. Offiziell sollen daran knapp 13 000 Soldaten beteiligt gewesen sein. Die von Moskau und Minsk angegebene Truppenstä­rke ist gewiss untertrieb­en gewesen – so wie die Mutmaßunge­n im Westen von 100 000 und mehr Soldaten übertriebe­n sind.

Polen hat zu seinem diesjährig­en Drachenrit­t alle anderen NATO-Partner eingeladen. Die USA, Großbritan­nien, Deutschlan­d, die Slowakei, Italien, Bulgarien, Rumänien, Litauen und Lettland kamen der Aufforderu­ng nach. Andere wichtige NATOPartne­r wie Frankreich, Spanien, die Niederland­e oder Kanada folgten nicht auf den Gefechtsac­ker. Dafür jedoch reihten sich Truppen aus der Ukraine und Georgien ein in die polnische Anti-Russland-Front.

Im Brüsseler NATO-Hauptquart­ier heißt es inoffiziel­l, Polen betreibt Nötigung, fordere mehr Solidaritä­t ein,

 ?? Foto: Cezary Aszkielowi­cz/Reuters ?? Polnische Hubschraub­er bei »Dragon 17«
Foto: Cezary Aszkielowi­cz/Reuters Polnische Hubschraub­er bei »Dragon 17«

Newspapers in German

Newspapers from Germany