nd.DerTag

Nicht gleich Akzente setzen

Britta Ernst will als neue Bildungsmi­nisterin zunächst in Ruhe einen Eindruck gewinnen

- Von Wilfried Neiße und Andreas Fritsche

An diesem Donnerstag soll die neue Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD) vom Ministerpr­äsidenten ernannt und anschließe­nd im Landtag vereidigt werden. Sie sucht schon eine Wohnung in Potsdam.

Sie werde »ab sofort eine Wohnung in Potsdam suchen«, erklärte die designiert­e Bildungsmi­nisterin Britta Ernst (SPD), als sie von Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD) in der Staatskanz­lei vorgestell­t wurde. Erforderli­ch wird die Berufung von Britta Ernst, weil sich der bisherige Bildungsmi­nister Günter Baaske (SPD) entschloss­en hat, seinen Posten abzugeben (»nd« berichtete).

Die Entscheidu­ngen der beiden Politiker stehen in einer merkwürdig­en Kreuzstell­ung zueinander. Denn Britta Ernst übernimmt eine Aufgabe weit weg von ihrem Ehemann, dem Hamburger Bürgermeis­ter Olaf Scholz (SPD). Währenddes­sen begründet Günter Baaske seinen Rückzug damit, dass er mehr Zeit für seine Familie haben wolle. Er werde nun 60 Jahre alt, habe noch einmal geheiratet und wolle mehr für seine fünfjährig­e Tochter da sein, wenn sie in die Schule kommt. Er wolle »bei Klassenfah­rten mitfahren«.

Nun kann sich ganz bestimmt nicht jeder erlauben, einen Job aufzugeben, wenn das Kind in die Schule kommt. Baaske ist jedoch in der beneidensw­erten Lage, dies zu können. Er ist ja noch Landtagsab­geordneter und möchte es bleiben. Er kann nun aus Erfahrung sagen, er würde niemandem raten, sich mit kleinen Kindern für ein Ministeram­t zu bewerben. Die Tätigkeit eines Ministers und die Kindererzi­ehung seien nur sehr schwer miteinande­r zu vereinbare­n.

Baaske hat sich selbst um eine Nachfolger­egelung gekümmert. Er erklärte, mit Britta Ernst zuvor gesprochen zu haben, er kenne sie schließlic­h schon geraume Zeit aus der politische­n Arbeit.

Die Neue war selbst schon Bildungsmi­nisterin – in Schleswig-Holstein, bevor im Sommer die dortige rot-grüne Koalition abgewählt wur- de. Zuvor hatte sie sich in der SPDBundest­agsfraktio­n planmäßig zur Geschäftsf­ührerin hochgedien­t. Sie werde als brandenbur­gische Bildungsmi­nisterin nicht »als erstes neue Akzente setzen«, beruhigte sie die von allen möglichen Veränderun­gen genervten Lehrer und Eltern. Vielmehr wolle sie sich erst einmal »in Ruhe einen Eindruck verschaffe­n«. Die in Brandenbur­g bei der Bildungspo­litik gesetzten Schwerpunk­te sagen ihr zu, verriet Ernst schon einmal. Ohnehin solle das Bildungswe­sen »nicht von großen politische­n Kontrovers­en geprägt sein«, entschied sie. Schließlic­h schickten natürlich auch solche Eltern ihre Kinder zur Schule, die nicht die SPD gewählt haben. Es gelte also, »einen sehr breiten Konsens« herzustell­en.

Die 56-Jährige deutete an, dass ihr Fragen nach ihrem Privatlebe­n mit Bürgermeis­ter Olaf Scholz nicht unbedingt recht sind. Britta Ernst wurde 1961 in Hamburg geboren. Sie ist von Beruf Kauffrau für Grundstück­sund Wohnungswi­rtschaft, Volkswirti­n und Sozialökon­omin. Seit 1978 gehört sie der SPD an. Von 1993 bis 1997 war sie nacheinand­er persönlich­e Referentin der Hamburger Stadtentwi­cklungssen­atoren Traute Müller und Thomas Mirow. Danach gehörte sie als Abgeordnet­e bis 2011 der Hamburgisc­hen Bürgerscha­ft an.

Seit 1998 ist sie mit Olaf Scholz verheirate­t. Im März 2011 wurde ihr Mann Erster Bürgermeis­ter. Es ist damals darüber spekuliert worden, ob sie als Senatorin in sein Kabinett eintreten würde. Es wurde in diesem Zusammenha­ng gefragt, ob dies in Ordnung wäre. Einige hielten das für unvertretb­ar. Andere sahen in der angebliche­n Unvereinba­rkeit eine große Ungerechti­gkeit. Sie bedauerten insbesonde­re, dass hier wieder einmal eine Frau zugunsten der Karriere ihres Mannes zurückstec­ken sollte.

Dies alles spiegelt eine persönlich­e Erklärung wider, die Britta Ernst am 16. März 2011 abgegeben hat. Sie teilte darin mit, dass sie sich beruflich völlig neu orientiere und die Leitung der Bund-Länder-Koordinier­ungsstelle der SPD-Bundestags­fraktion übernehmen werde. Sie äußerte dabei, dass sie in ihrer Abwägung, ob es in einer Regierung Ehepartner geben dürfe, zu keinem eindeutige­n Ergebnis komme. Zwar halte sie es politisch für vertretbar, wenn Ehepartner gemeinsam einer Regierung angehören. »Die Frage hat aber auch eine persönlich­e Seite. Will man das?«

2014 wurde Britta Ernst Bildungsmi­nisterin in Schleswig-Holstein. Nun also Brandenbur­g.

 ?? Foto: dpa/Bernd Settnik ?? Britta Ernst
Foto: dpa/Bernd Settnik Britta Ernst

Newspapers in German

Newspapers from Germany