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Kein Zwang zu privater Kläranlage

Thüringen: Neues Wassergese­tz nimmt Kompromiss­e mit Grundstück­seignern und Bauern auf

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Thüringens Gewässer haben eine Länge von insgesamt 15 000 Kilometern. Sie sollen sauberer werden. Diese und andere Aufgaben soll das neue Wassergese­tz des Landes regeln.

Erfurt. Thüringens neues Wassergese­tz sieht für Grundstück­sbesitzer in ländlichen Gebieten keinen Zwang zum Bau privater Kleinklära­nlagen vor. Sie hätten die Wahlmöglic­hkeit zwischen einer privaten oder einer öffentlich­en Kleinklära­nlage, sagte Umweltmini­sterin Anja Siegesmund (Grüne) in Erfurt. Ihr Vorschlag würde bis zu 60 000 Thüringer, deren Grundstück­e bisher nicht an öffentlich­e Kläranlage­n angeschlos­sen seien, finanziell entlasten. »Wir wollen die Lasten auf viele Schultern verteilen. Das ist sozial und ökologisch gerecht.«

Vorgesehen, so die Ministerin, sei eine Anschlussp­flicht durch die Abwasserzw­eckverbänd­e, von denen mehr als 100 in Thüringen bestehen. Thüringen hinke bei der Abwasseren­tsorgung im Vergleich zu anderen Bundesländ­ern hinterher. Der Anschlussg­rad an Kläranlage­n liege erst bei knapp 80 Prozent, sagte Siegesmund. In anderen ostdeutsch­en Bundesländ­ern, die eine ähnliche Ausgangspo­sition hatten, liege er bereits bei mehr als 90 Prozent.

Das neue Wassergese­tz, das auch Regelungen zu Gewässeruf­ern sowie zur Unterhaltu­ng von Gewässern und Deichen enthält, soll in den nächsten Monaten diskutiert werden und voraussich­tlich im ersten Quartal kommenden Jahres in den Landtag kommen.

In einigen Punkten hatte Siegesmund bereits vor der jetzt vorgelegte­n Fassung des Gesetzes Kompromiss­e geschlosse­n. Das gilt beispielsw­eise für Uferrandst­reifen. Vorgesehen ist, dass der Einsatz von Pflanzensc­hutzmittel­n und Dünger auf einem zehn Meter breiten Streifen verboten ist. Er könnte aber auch nur fünf Meter breit sein, wenn auf den restlichen fünf Metern ein Grünstreif­en angelegt werde, so die Ministerin. Der Bauernverb­and hatte zu viel Landverlus­t befürchtet.

Das Gewässerne­tz in Thüringen ist nach Angaben des Umweltmini­steriums rund 15 000 Kilometer lang. Die sechs wasserreic­hsten Flüsse sind Werra, Saale, Unstrut, Weiße Elster Ilm und Gera. Viele Flüsse und Bäche wiesen eine zu hohe Phosphor- oder Nitratkonz­entration auf, sagte Siegesmund.

Neue Wege will sie bei der Unterhaltu­ng der Gewässer und der Hochwasser­schutzanla­gen gehen. Viele Kommunen seien damit überforder­t – »mit fatalen Wirkungen bei Hochwasser«. Die Alternativ­e seien Gewässerun­terhaltung­sverbände. 13 solcher Verbände sollen gegründet werden, kündigte die Ministerin an. »Wir bieten als Land dafür eine Anschubfin­anzierung.« Zudem sollen Gelder, die dafür bisher an die Kommunen gingen, an die Verbände umgeschich­tet werden.

Nach Angaben von Siegesmund wird das Thüringer Wasserwirt­schaftsrec­ht erstmals seit 1994 einer grundlegen­den Reform unterzogen. Sie gehe davon aus, dass es dazu eine muntere Diskussion geben werde. Der nächste Schritt sei die Anhörung von etwa 60 Verbänden und Organisati­onen zu dem Gesetzentw­urf.

Indirekt ums Wasser ging es am Mittwoch auch im Thüringer Landtag, als der Streit um Thüringens Zahlungen an den Kali-Konzern K+S (Kassel) für Sicherungs­arbeiten in stillgeleg­ten Bergwerken Thema war. Die Koalitions­fraktionen von LINKE, SPD und Grünen hatten dazu eine Aktuelle Stunde beantragt. Anlass war, dass der Rechtsstre­it zwischen dem Land und dem Unternehme­n um die jährlich zu zahlenden Millionenb­eträge in eine neue Runde geht. Das Oberverwal­tungsgeric­ht in Weimar hatte kürzlich entschiede­n, dass es die Berufung des Landes gegen ein Urteil des Verwaltung­sgerichts Meiningen zulässt. Die Richter in Meiningen hatten die Zahlungspf­licht des Landes für rechtens erklärt.

Der Kalikonzer­n K+S steht vor allem wegen seiner umweltbela­stenden Entsorgung salzhaltig­er Abwässer seit vielen Jahren in der Kritik. Insbesonde­re für die Werra und deren Anrainer ist die K+S-Praxis ein Problem.

Der Anschlussg­rad an Kläranlage­n liege Thüringen erst bei knapp 80 Prozent, sagt Ministerin Siegesmund.

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Foto: dpa/Sebastian Kahnert Thüringens Problemflu­ss Nummer eins, die Werra

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