nd.DerTag

Das lukrative Geschäft mit dem Wiesn-Schlafplat­z

Ein WG-Zimmer für 100 Euro pro Nacht? Während des Oktoberfes­tes ist in München so manches möglich

- Von Florian Reil, München

Beim Oktoberfes­t sind Hotelzimme­r schnell ausgebucht, private Zimmer werden zur begehrten Alternativ­e – ein Geschäft nicht nur für Online-Anbieter. Nicht jeder hält sich dabei an die Vorschrift­en. Die zwei US-Amerikaner­innen haben sich noch schnell ein Dirndl gekauft. Damit wollen die Studentinn­en vier Tage lang das größte Volksfest der Welt miterleben: Bier trinken, Hendl essen und im Bierzelt feiern. Zum Schlafen haben die 20-Jährigen über die Online-Plattform Airbnb ein Zimmer ganz in der Nähe der Theresienw­iese gefunden. Doch die 15 Quadratmet­er haben auch ihren Preis: für drei Nächte 320 Euro.

Wer zum Oktoberfes­t nach München kommt, muss sich auf hohe Preise gefasst machen. Zwei Nächte in einem Münchner Hotel während der Wiesn findet man nicht für unter 300 Euro – falls es überhaupt noch freie Plätze gibt. Wenn die Hotelpreis­e durch die Decke gehen, suchen vor allem junge Menschen nach einer günstigen Alternativ­e.

Nach Angaben von Airbnb haben für den Zeitraum der Wiesn mehr als 35 000 Menschen einen Platz in einer der vielen privaten Unterkünft­e in München gebucht, gefunden über das Internet. Schon zwei Tage vor dem Anzapfen des ersten Fasses hieß es bei Airbnb, dass nur noch sieben Prozent der angebotene­n Unterkünft­e verfügbar seien.

Ähnlich sieht es bei der Immobilien­seite WG-Gesucht aus. Dort konnte man nach den ersten Wiesn-Tagen kaum noch freie Angebote finden. Die Erklärung: Zu groß sei die Nachfrage für die Schlafplät­ze gewesen. Für Airbnb sei das Oktoberfes­t »das Highlight des Jahres«, denn die Vermittlun­gsplattfor­m verdiene an jeder Buchung drei Prozent, sagt Pressespre­cher Julian Trautwein. Auch die Wohnungsan­bieter und Gastgeber machen ein gutes Geschäft. Eine von ihnen ist Kristina, die zusammen mit ihrer WG-Mitbewohne­rin ein Zimmer für die Wiesn-Zeit online anbietet. Ihren echten Namen möchte Kristina nicht nennen, denn die Untervermi­etung des Zimmers ist mit ihrem Vermieter nicht abgesproch­en – und daher nicht erlaubt.

Nur 20 Gehminuten vom Festgeländ­e entfernt liegt die Wohnung, also musste Kristina nicht lange auf Anfragen aus aller Welt warten. An al- len drei Wiesn-Wochenende­n hat sie Gäste in ihrer Wohngemein­schaft.

»Das ist leicht verdientes Geld«, sagt Kristina. Für eine Nacht verlangen sie und ihre Mitbewohne­rin et- was mehr als 100 Euro. Am Ende der Wiesn werden beide an die 850 Euro verdient haben. So finanziert­en sie sich das neue Sofa für das WG- Wohnzimmer, sagt Kristina. Freunde von ihr hatten in den vergangene­n Jahren auch schon Zimmer für Wiesn-Besucher angeboten und so ihre Kasse aufgebesse­rt. Zwar sind Einnahmen aus Untervermi­etung steuerpfli­chtig. Aber auch das umgeht Kristina – wie viele andere Anbieter.

Die Münchner Stadtverwa­ltung beobachtet die Untervermi­etung an Touristen schon länger. Die Befürchtun­g ist, dass dringend benötigter Wohnraum mit Ferienwohn­ungen zweckentfr­emdet werden könnte. »Wenn aber jemand seine Wohnung für die zwei Wochen des Oktoberfes­ts vermietet oder anbietet, dann ist das keine Zweckentfr­emdung«, sagt Hedwig Thomalla vom Sozialrefe­rat. Bis zu acht Wochen sei es erlaubt, seine Wohnung oder ein Zimmer an Gäste zu vermieten. Komme das aber öfter vor, »nutzen wir alle Mittel, die uns zur Verfügung stehen«. Vor kurzem ließ das Sozialrefe­rat deswegen einen Münchner Vermieter sogar in Zwangshaft nehmen.

Die beiden Studentinn­en aus den USA mussten zu den 320 Euro für drei Nächte auch noch eine Kaution von 83 Euro bezahlen. Zu groß ist bei den Vermietern und Anbietern die Sorge, dass die Einrichtun­g der Wohnung nach einem ausgiebige­n Wiesn-Tag leiden könnte.

»Natürlich haben wir uns vorher schon viele Gedanken gemacht«, sagt die Gastgeberi­n Kristina. Aber nach der ersten Woche hätten sich die Befürchtun­gen nicht bestätigt. Nächstes Jahr wollen sie und ihre Mitbewohne­rin wieder Wiesn-Besucher aufnehmen – auch deshalb, »weil wir so junge Leute aus der ganzen Welt kennenlern­en«.

Zwar sind Einnahmen aus Untervermi­etung steuerpfli­chtig. Aber auch das umgehen viele andere Anbieter.

 ?? Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbran­d ?? Dieser Tage in München: die Lederhose wird gelüftet
Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbran­d Dieser Tage in München: die Lederhose wird gelüftet

Newspapers in German

Newspapers from Germany