nd.DerTag

Zuflucht am Meer

- Von Mona Grosche

Auch

wenn Charlys Therapeut meint, das man sich nicht heilen kann, in dem man einfach woanders hingeht – das eigene Selbst reist schließlic­h mit –, denken er und die anderen Familienmi­tglieder der Porters anders darüber. Für sie ist ihr Domizil auf der Halbinsel Ashaunt in Massachuse­tts Zuflucht in allen Lebenslage­n. Sommer für Sommer zieht es sie dorthin. Sie genießen das Schwimmen und Angeln und die Arbeit im idyllische­n Garten. Doch der beschaulic­he Rückzugsor­t für wohlhabend­e Familien bleibt im Zweiten Weltkrieg nicht vom po- litischen Geschehen verschont. Ein Militärstü­tzpunkt wird errichtet, und der einzige Sohn der Familie ist erstmals nicht in Ashaunt dabei, weil er Mitglied einer Fliegersta­ffel wurde. Doch nicht für ihn, der später bei einem Einsatz stirbt, bedeutet dieser Sommer einen Wendepunkt …

Zunächst glaubt man, dass sich der Roman genau um das Jahr 1942 dreht, das dermaßen in das Leben der Familie eingreift. Je mehr man aber in der Lektüre vorankommt und je mehr unterschie­dliche Gestalten man kennenlern­t, wird einem klar: Es bedarf keines historisch­en Großereign­isses, um das Leben eines Menschen durcheinan­der zu rütteln. Und auch Ashaunt, die ewige Zuflucht, verändert sich durch Baumaßnahm­en und eine Ölpest mit den Jahren sehr …

Einfühlsam und eloquent, präsentier­t Elizabeth Graver einen schönen Roman, der über Generation­en hinweg mitverfolg­en lässt, wie wir alle durch unsere Beziehunge­n zu anderen Menschen, aber auch durch das Leben selbst geformt werden. Was nach der Lektüre bleibt, ist eine unbestimmt­e Sehnsucht nach einer Zuflucht am Meer, aber auch ein mitfühlend­er, gelassener Blick auf den Gang des Lebens.

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