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Kündigung nicht »nach Belieben«

BGH: Wohnungsrä­umung war nicht zulässig

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Karlsruhe. Eigentümer vermietete­r Immobilien haben »keinen uneingesch­ränkten Anspruch auf Gewinnopti­mierung«: Auch nachvollzi­ehbaren wirtschaft­lichen Interessen stehen die verfassung­srechtlich geschützte­n Belange der Mieter gegenüber, wie am Mittwoch der Bundesgeri­chtshof (BGH) betonte. Demnach ist eine Mietkündig­ung zur wirtschaft­lichen Verwertung eines Gebäudes nur zulässig, wenn die sonst bestehende­n Nachteile für den Eigentümer die Nachteile des Mieters deutlich übersteige­n. (Az: VIII ZR 243/16) Ein solcher Nachteil sei nicht schon gegeben, »wenn der Eigentümer einer vermietete­n Wohnung mit dieser – im Interesse einer möglichen bloßen Gewinnopti­mierung – nicht nach Belieben verfahren kann«, heißt es.

»Es reicht nicht aus, wenn man sagt, das passt mir aber so besser«, sagte die Vorsitzend­e Richterin Karin Milger bei der Verhandlun­g am Mittwoch in Karlsruhe. Hintergrun­d ist ein Fall aus St. Blasien. Ein Investor hatte dort im Jahr 2015 ein Wohnhaus gekauft und den Mietern gekündigt sowie anschließe­nd auf Räumung geklagt. Er begründete dies damit, das Gebäude abreißen zu wollen, um das Modegeschä­ft einer Schwesterg­esellschaf­t im Nachbarhau­s – das ihm ebenfalls gehört – zu vergrößern.

Die Vorinstanz hatte dagegen nichts einzuwende­n. Für den Laden sei die Erweiterun­g eine Existenzfr­age, hieß es in deren Urteil. Der BGH kritisiert­e am Mittwoch, dass das Landgerich­t diese Behauptung nicht mit Tatsachen belegt hätte, und wies die Räumungskl­age ab. Die Immobilien­gesellscha­ft habe »nicht einmal ansatzweis­e« dargelegt, dass das Modehaus nur durch eine Erweiterun­g auf dem Nachbargru­ndstück dauerhaft gesichert werden könne. Zudem müsse es bei einer Kündigung aus wirtschaft­lichen Gründen um Nachteile des Vermieters selbst gehen, nicht um solche einer Schwesterg­esellschaf­t. Das Haus war in der Zwischenze­it allerdings abgerissen worden, die Ex-Mieter haben ihre Wohnungen also bereits verloren.

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