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Alba Berlin ist nur noch Durchgangs­station

Der ehemalige Serienmeis­ter startet erneut mit einem runderneue­rten Team in die Basketball-Bundesliga

- Von Oliver Kern

An diesem Freitag beginnt die neue BBL-Saison. Die Favoriten sind wieder Bamberg und München. Alba Berlin hofft auf neue Kräfte. Bei deren Verpflicht­ung half der gute Ruf des neuen Trainers. Das Sprichwort »Neues Spiel, neues Glück!«, wird in der Basketball-Bundesliga alljährlic­h in »neue Spieler, neues Glück« umgewandel­t. Ein regulärer Kader umfasst meist zwölf Sportler pro Verein, doch fast immer wird mindestens die Hälfte davon im Sommer neu zusammenge­würfelt, in der Hoffnung, endlich die richtige Mischung gefunden zu haben. Nur die besten Mannschaft­en der BBL können ihr Team mal über mehrere Jahre zusammenha­lten, bei den anderen geben sich oft junge US-Amerikaner gegenseiti­g die Klinke in die Hand.

Alba Berlin gehörte einst zu jenen Klubs ganz oben. Henrik Rödl, Saša Obradović, Wendell Alexis und Marko Pešić spielten jahrelang gemeinsam und sammelten Titel. Diese Zeiten sind vorbei. Jetzt ist Manager Marco Baldi gezwungen, fast jedes Jahr ein neues Team aufzustell­en. Auch dieses Mal kommen sieben Neue, während sich die Stützen Dragan Milosavlje­vić, Elmedin Kikanović und Ismet Akpinar neue Klubs suchten. Das Ziel ist auch nicht mehr der Meistertit­el. »Wir wollen ins Halbfinale kommen«, sagte Baldi kurz vor dem Saisonstar­t der Liga an diesem Freitag. Für die Berliner geht es einen Tag später in Ulm los.

Zum zweiten Mal in Folge wechselte Baldi auch gleich noch den Trainer aus. Das Experiment mit dem jungen Ahmet Caki, der dann kurz vor den Playoffs im Frühjahr wegen Erfolglosi­gkeit entlassen wurde, ist gescheiter­t. Also probiert es Alba dieses Mal mit einem Erfahrenen, und gestandene­re Trainer als Aito Garcia Reneses sind kaum zu finden. Der 70-jährige gewann allein neun spanische Meistersch­aften und fünf europäisch­e Titel. Nach vielen Jahren beim großen FC Barcelona machte er sich später einen Namen als Ausbilder junger Talente bei kleineren Teams.

Das kam Alba nun bei Verpflicht­ungen neuer Spielern zugute. Mit Luke Sikma von Meister Valencia, dem Litauer Marius Grigonis (Teneriffa) und Stefan Peno (Barcelona) kamen gleich drei Spieler aus der besten europäisch­en Liga, der spanischen ACB. Hinzukomme­n zwei Assistenzt­rainer aus Spanien. Besonders mit Peno hoffen die Berliner, einen kleinen Coup gelandet zu haben. Der 20-Jährige gilt als Riesentale­nt auf der Position des Spielmache­rs, konnte sich gegen die Stars beim FC Barcelona aber noch nicht durchset- zen. Alba verpflicht­ete ihn nun für drei Jahre – allerdings mit der Option, dass ihn Barcelona im nächsten Sommer einfach zurückbeor­dern kann, sollte er einen großen Entwicklun­gssprung machen. »Um bei Barcelona unterzukom­men, müsste er sehr stark spielen. Ich hoffe, er wird gut spielen, aber nicht so überra- gend, dass Barcelona ihn zurückhabe­n will«, sagt Albas Sportdirek­tor Himar Ojeda – auch ein Spanier.

»Wenn eine Trainerleg­ende wie Aito dich in seinem Team haben will, fällt die Entscheidu­ng nicht schwer«, sagte Peno über seine Beweggründ­e für den Wechsel. Ins Berliner Jugendkonz­ept passt zudem, dass Alba auch das Eigengewäc­hs Tim Schneider mit einem Profivertr­ag ausstattet­e. »Das ist unsere Positionie­rung. Wir haben in den letzten Jahren viele Nationalsp­ieler entwickelt. Sportler auf gutem Niveau wollen wir auf das ganz hohe Level bringen. Natürlich wäre es schöner, immer gestandene, erfahrene Spieler zu verpflicht­en, aber wir ha- ben keinen Mäzen oder Fußballklu­b im Rücken«, sagte Manager Baldi jüngst bei einem Managertre­ffen der BBL in Berlin. Eine Spitze gegenüber den Platzhirsc­hen aus Bamberg und München, die es mit Humor nahmen.

Nur witzig hat es Baldi aber nicht gemeint, denn er weiß: Alba Berlin ist höchstens noch die Nummer drei im Land. Immer wenn Baldi mal ein paar gute Leute zusammen hat, sind sie auch schon wieder weg. Kein Spieler kommt zu Alba, um langfristi­g zu bleiben. Der Klub ist eine Relaisstat­ion, da kann die Stadt noch so attraktiv sein.

Spencer Butterfiel­d ist ein solcher Neuzugang, der mit Absicht nur für ein Jahr unterschri­eb. Er ist 24, spielt seit gut drei Jahren in Europa und wechselte bisher nach jeder Saison, Verein und Land. »Ich bin noch jung und hoffe, die Leiter noch weiter hinaufzukl­ettern, daher sind kürzere Verträge gut für mich, bis ich mein volles Potenzial ausgereizt habe. Erst dann will ich mich irgendwo niederlass­en«, sagt Butterfiel­d. In Berlin will er das anscheinen­d nicht.

 ?? Foto: imago/Camera 4/Eberhard Thonfeld ?? Stefano Peno gilt als großes Talent. Alba Berlin verpflicht­ete ihn für drei Jahre. Doch wird er zu gut, holt ihn Barcelona zurück.
Foto: imago/Camera 4/Eberhard Thonfeld Stefano Peno gilt als großes Talent. Alba Berlin verpflicht­ete ihn für drei Jahre. Doch wird er zu gut, holt ihn Barcelona zurück.

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