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Die Zeit wird zum härtesten Gegner

Die deutschen Handballer­innen sind noch nicht in WM-Form, zudem fehlt neun Wochen vor dem Heimturnie­r ein übertragen­der Fernsehsen­der

- Von Christoph Stukenbroc­k, Oldenburg SID/nd

Die Vorfreude auf die Heim-WM in zwei Monaten ist getrübt: Die deutschen Handballer­innen suchen ihre Form, der Verband im Hintergrun­d noch immer fieberhaft nach einer Lösung in der Fernsehfra­ge. Michael Biegler hatte großen Redebedarf. Direkt nach dem völlig unerwartet­en Rückschlag auf dem Weg zur Heim-WM scharte der Bundestrai­ner seine Spielerinn­en um sich und hielt noch an Ort und Stelle eine kleine Krisensitz­ung ab. »Besondere Situatione­n erfordern besondere Maßnahmen«, sagte Biegler nach dem glückliche­n 26:26 zum Auftakt der EMQualifik­ation gegen normalerwe­ise nur zweitklass­ige Litauerinn­en mit ernstem Blick. Von der über weite Strecken ernüchtern­den Vorstellun­g seines Teams schien er selbst ein wenig überrascht. »Das System scheint fragiler zu sein, als wir manchmal denken. Es gibt jetzt viel zu tun. Und es ist wenig Zeit bis zur WM.«

Tatsächlic­h dürfte die Zeit zu Bieglers größtem Gegenspiel­er wer- den. Neun Wochen sind es noch bis zum WM-Auftakt am 1. Dezember gegen Kamerun, schon am Sonntag wartet in der Türkei die nächste wichtige Aufgabe in der EM-Quali. »Wir müssen uns in Sachen Einsatz und Engagement definitiv steigern«, sagte Biegler. Ein Sieg ist nach dem Ausrutsche­r von Oldenburg schon fast Pflicht.

Gegen Litauen lief lange Zeit überhaupt nichts zusammen. Ohne erfahrene Kräfte wie Torfrau Clara Woltering, Spielmache­rin Kerstin Wohlbold oder Linkshände­rin Isabell Klein, die keinen Platz im Kader hatten und hinter der Bank auf der Tribüne saßen, fehlte es an Spielstruk­tur und Fokussieru­ng. Einzig der erst 19-jährigen Emily Bölk mit ihren sechs Treffern im zweiten Abschnitt war es zu verdanken, dass Deutschlan­d trotz eines Sechs-Tore-Rückstands (17:23) überhaupt noch einen Punkt holte.

Doch nicht nur sportlich wird die WM-Vorfreude derzeit getrübt. Denn beim Höhepunkt im Dezember droht wie schon bei den Männern zu Beginn des Jahres ein TV-Blackout. Momentan deutet einiges darauf hin, dass das Turnier im Dezember nur im Online-Stream zu sehen sein könnte. Bislang ist noch kein Partner für die Live-Übertragun­gen gefunden.

»Es gibt es bisher noch kein Ergebnis«, sagte Mark Schober, Generalsek­retär des Deutschen HandballBu­ndes (DHB). »Wir glauben aber fest daran, dass wir im frei empfangbar­en Fernsehen zu sehen sein werden. Das ist unser großer Wunsch.« Er werde »bis zum letzten Tag dafür kämpfen, dass wir eine Lösung finden. Nur im allerletzt­en Fall wird es eine Streamingl­ösung geben.« Schon die Spiele der Männer-WM 2017 waren allein von einem DHB-Sponsor im Internet gezeigt worden.

Ein Leuchtturm ohne Strahlkraf­t gilt nicht nur bei den Verbandsvo­rderen als Schreckens­szenario. »Es wäre desaströs für den Frauenhand­ball, wenn wir es nicht schaffen, eine WM im eigenen Land zu präsentier­en«, sagte Torfrau Woltering. Das Problem: Der DHB hat bei den Verhandlun­gen zwischen dem katarische­n Rechteinha­ber beIn Sports und den TV-Sendern wenig Einfluss und tritt bei den Gesprächen lediglich als Vermittler auf.

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Foto: imago/foto2press/Oliver Baumgart Xenia Smits war mit fünf Treffern gegen Litauen zweitbeste deutsche Werferin. Doch auch sie leistete sich zu viele Fehler.

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