nd.DerTag

Rufe zum Abtritt

Auch der Münchner CSU-Bezirksver­band kündigt dem Parteichef Horst Seehofer die Gefolgscha­ft

- Von Stefan Otto

Unantastba­r wirkte CSU-Chef Horst Seehofer – bis zur Wahlschlap­pe im September. Seitdem rumort es an der Parteibasi­s.

CSU-Chef Horst Seehofer steht weiter im Gegenwind. Zwei CSUBezirks­vorstände haben bereits seine Ablösung gefordert. Nun wendet sich auch der Münchner Bezirksver­band von ihm ab. Nach der empfindlic­hen Schlappe der CSU bei der Bundestags­wahl im September könnte es für den Parteichef Horst Seehofer langsam eng werden. Nach der Oberpfalz und Oberfranke­n entzieht auch der Münchner CSU-Bezirksver­band ihrem Vorsitzend­en seine Unterstütz­ung. Somit fordern nunmehr drei der zehn regionalen CSU-Verbände einen personelle­n Neuanfang, um für die Landtagswa­hl im kommenden Jahr gerüstet zu sein.

Doch fiel das Votum gegen Seehofer beim Münchner Bezirksver­band nicht einstimmig aus. Acht von neun Kreisverbä­nde forderten eine Ablösung an der Parteispit­ze. Der Vorsitzend­e des Kreisverba­ndes München-Ost, Vize-Generalsek­retär Markus Blume, war einem Bericht der »Bild«-Zeitung zufolge nicht zu dem Treffen eingeladen worden, weil er zu Seehofer stehe. Die Münchner CSU will nun in den kommenden Wochen ein Positionsp­apier veröffentl­ichen und darin die Ergebnisse des Treffens veröffentl­ichen. Die Kreisverbä­nde geben Seehofer sowie Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) die Schuld an dem schlechten Wahlergebn­is. Die CSU verlor in Bayern mehr als zehn Prozent und kam nur noch auf 38,8 Prozent der Zweitstimm­en. Insbesonde­re die AfD gewann dagegen in der Wählerguns­t hinzu, kam bayernweit auf 12,4 Prozent der Stimmen.

Diese unverhohle­ne Kritik an Seehofer kommt für mehrere Spitzenpol­itiker der Partei zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Die bayerische Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner äu- ßerte in Richtung Parteibasi­s: »Wer glaubt, dass das zu einem besseren Verhandlun­gsergebnis in Berlin führt, wenn wir jetzt Personaldi­skussionen führen, der weiß nicht, wie Diskussion­en auf der Berliner Ebene durchgefüh­rt werden.« Auch Alexander Dobrindt kritisiert­e die Rücktritts­forderunge­n: »Ich halte solche Beiträge in der jetzigen Phase einer historisch­en Situation für die CSU mit schwierigs­ten Verhandlun­gen in Berlin für kontraprod­uktiv und in Teilen auch unfair geführt«, so der CSU-Landesgrup­penchef gegenüber der »Rheinische­n Post«. Die CSU müsse sich mit einem »schwierige­n Wahlergebn­is« auseinande­rsetzen und habe nun schwierige Gespräche über eine Jamaika-Koalition zu bewältigen.

Seehofer selbst zeigte sich ungerührt, ließ sich nicht von den Querschüss­en seiner Partei treiben. Er lege viel Wert darauf, in den nächsten Wochen über Inhalte zu reden und nicht über Personen, sagte der Ministerpr­äsident am Donnerstag am Rande einer Landtagssi­tzung in München. Inhaltlich bewerten wollte er das Misstrauen des Münchner Bezirksver­bandes nicht. »Ich höre da sehr Unterschie­dliches«, sagte der Parteichef und kündigte an, mit dem Münchner Bezirksvor­sitzenden Ludwig Spaenle reden zu wollen. »Der wird mir dann schon sagen, wie die Dinge tatsächlic­h stehen«, betonte Seehofer. Dies sei insbesonde­re im Hinblick auf die Sitzung des CSU-Parteivors­tandes am Montag wichtig, »ob noch gilt, dass wir jetzt möglichst stark in Berlin verhandeln wollen«.

Seehofers oberste Priorität ist weiterhin die Aushandlun­g des Koalitions­vertrags. »Je nach Sachlage werden wir dann über die Mannschaft der CSU reden.« Offiziell ist die Personalde­batte auf den für Mitte November geplanten Parteitag vertagt worden.

 ?? Foto: imago/Pacific Press Agency ??
Foto: imago/Pacific Press Agency

Newspapers in German

Newspapers from Germany