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Absage an Iran-Deal?

US-Kongress wartet auf Einschätzu­ng von Trump

- Von Olaf Standke

Für die Londoner »Times« steht fest: Ein Ausstieg aus dem Atomabkomm­en mit Iran würde kein Problem lösen, bei allen Unzulängli­chkeiten der nur bis 2025 gültigen Vereinbaru­ng. Da sieht sich das Blatt an der Seite der britische Premiermin­isterin Theresa May, die US-Präsident Donald Trump gerade noch einmal in einem Telefonat aufgeforde­rt hat, an diesem 2015 nach langwierig­en und mühsamen Verhandlun­gen geschlosse­nen Abkommen festzuhalt­en. Sei es doch »grundlegen­d wichtig« für die Sicherheit in der ganzen Golfregion. Überhaupt drängen die EU-Staaten, von denen die ständigen Mitglieder im UN-Sicherheit­srat Großbritan­nien und Frankreich sowie Deutschlan­d zu den Signatarst­aaten gehören, stark darauf, die Vereinbaru­ng nicht zu kippen. Trump muss dem US-Kongress bis Sonntag mitteilen, ob Teheran die Vertragsau­flagen erfüllt.

»Das ist der schlechtes­te Deal. Wir haben nichts bekommen.« US-Präsident Trump über das Atomabkomm­en mit Iran

Dort hoffen die Befürworte­r des auch in Iran umstritten­en Atomdeals auf die europäisch­e Unterstütz­ung. »Wir setzen auf die Europäer und bis jetzt waren die Signale ja auch positiv«, so Vizepräsid­ent und Atomchef Ali Akbar Salehi laut Nachrichte­nagentur IRNA am Donnerstag. Wichtig sei jedoch, dass sie sich dann auch im Ernstfall gegen Washington stellen würden. Für Salehi gibt es dafür gute Gründe: Das Abkommen habe nicht nur den Streit um das iranische Atomprogra­mm beendet, es könne auch als Modell für internatio­nale Konflikte dienen.

Das sieht Trump ganz anders. Gegenüber Fox News sprach er am Mittwoch (Ortszeit) erneut vom »schlechtes­ten Deal« und erklärte: »Wir haben nichts bekommen«. Die Vorgängerr­egierung von Barack Obama habe das Abkommen lediglich »aus Schwäche« geschlosse­n, obwohl die USA eigentlich über »große Stärke« verfügten. Die Internatio­nale Atomenergi­ebehörde (IAEA) in Wien, der die Vertragsko­ntrolle obliegt, bescheinig­te Teheran bislang jedoch stets, dass das Abkommen eingehalte­n werde – so wie Trump bei früheren Überprüfun­gen. Nun hält er der iranischen Führung vor, sie verletzte mit ihrer aggressive­n Politik in der Region den auf Frieden zielenden Geist der Vereinbaru­ng.

Beobachter in Washington halten es für wahrschein­lich, dass der Präsident bei der US-intern alle 90 Tage vorgeschri­ebenen »Zertifizie­rung« der Vereinbaru­ng dieses Mal den Daumen senken werde. Dann müsste der Kongress binnen 60 Tagen über die Wiedereinf­ührung von ausgesetzt­en Sanktionen und andere Konsequenz­en entscheide­n – was durch den internatio­nalen Vertragste­xt gar nicht abgedeckt ist. Erst dieser Schritt wäre dann praktisch eine Aufkündigu­ng des Abkommens. Doch ist die notwendige Mehrheit dafür im Senat fraglich. Selbst Ed Royce, der republikan­ische Vorsitzend­e des Auswärtige­n Ausschusse­s im Repräsenta­ntenhaus, sprach sich jetzt gegen die Auflösung der Vereinbaru­ng aus. Die von Trump angekündig­te und am Freitag erwartete Rede wird den Kurs vorgeben.

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