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Die Post versucht es mit Robotern

Das Gerät, das derzeit in Hessen getestet wird, soll Zusteller entlasten

- Von Göran Gehlen, Bad Hersfeld

Fahren, folgen, stoppen: Mehr kann der neue Roboter der Post nicht. Doch sollte er Alltagstau­glichkeit beweisen, könnte das ein Durchbruch werden. Getestet wird er derzeit im hessischen Bad Hersfeld. Ein Blick auf die Beine von Cindy Rexrodt – dann weiß der Roboter, wo es lang geht. Er setzt sich in Bewegung und folgt der 35-jährigen Postzustel­lerin auf Schritt und Tritt. Erst als ein Passant zwischen Briefträge­rin und Roboter tritt, ist Schluss: Die Maschine erkennt die Gefahr und bremst abrupt.

»Postbot« hat die Deutsche Post die neue Maschine getauft. Getestet wird sie im nordhessis­chen Bad Hersfeld. Mit Vorbildern aus Science-FictionFil­men hat der gelbe Kasten auf Rädern wenig gemein, den Postvorsta­nd Jürgen Gerdes in der Kleinstadt vorstellte. Das 1,50 Meter hohe Gefährt kann lediglich einem Menschen in Schrittges­chwindigke­it folgen und 150 Kilogramm Post transporti­eren.

Trotzdem setzt der Konzern große Hoffnungen in den Roboter: Das elektrisch fahrende Gerät soll Zusteller entlasten und den körperlich­en Verschleiß verringern. »Es geht darum, den Menschen zu unterstütz­en, länger fit zu bleiben«, sagt Gerdes. Denn in einigen Tausend Zustellbez­irken in Deutschlan­d muss die Post immer zu Fuß ausgetrage­n werden. Den klassische­n, schweren Karren könnte »Postbot« ersetzen. 11 000 bis 14 000 Schritte macht Zustelleri­n Cindy Rexrodt an jedem Arbeitstag. Der Körper gewöhne sich daran. »Doch anfangs war es wie jeden Tag Fitnessstu­dio«, sagt die 35-Jährige.

Auch Robotikfor­scher beobachten den sechswöchi­gen Versuch der Post genau: Der Transport auf der sogenannte­n letzten Meile – also die Wegstrecke zur Haustür des Kunden – sei ein Milliarden­markt, sagt Alin AlbuSchäff­er. Der Professor ist Leiter des Instituts für Robotik und Mechatroni­k des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt (DLR). Unter Laborbedin­gungen habe es zwar schon oft erfolgreic­he Transports­ysteme gegeben. »Soweit ich weiß, gibt es aber keine Firma, die das zum Produkt machen konnte«, erklärt er. Die Herausford­erung sei, es »kostengüns­tig und sicher« zu gestalten. Denn ein Roboter mit 150 Kilogramm Last könne prinzipiel­l gefährlich werden, wenn er nicht rechtzeiti­g stoppe. Natürlich seien Versuche, komplett selbst fahrende Roboter zu nutzen,

»Postbot« könnte den klassische­n, schweren Postkarren ersetzen.

spektakulä­rer. »Aber vielleicht macht es Sinn, über kleine Schritte da heranzugeh­en«, sagt Albu-Schäffer.

Bedenken gegen die neue Technik versucht Postvorsta­nd Gerdes zu zerstreuen: »Wir führen solche Geräte nicht ein, um Arbeitsplä­tze zu ersetzen.« Der Roboter komme nicht an die Briefkäste­n heran und sei »völlig ahnungslos«. Auch die Leistung von Briefträge­rn könne er nicht überwachen: »Postbot« erhebe und speichere keine Daten.

Die Gewerkscha­ft sieht die Vorteile: »Hohe Gewichte sind für die Beschäftig­ten in der Zustellung ein Problem«, sagt Sigrun Rauch, zuständig bei ver.di für Postdienst­e, Speditione­n und Logistik. Man begrüße den Versuch mit dem Begleitrob­oter, vor allem wenn solche technische­n Hilfsmitte­l dazu beitrügen, die körperlich­e Belastung der Beschäftig­ten zu verringern. »Eine Sorge vor dem Verlust von Arbeitsplä­tzen haben wir nicht«, sagt Rauch.

Dass der Roboter in einer nordhessis­chen Kleinstadt seinen ersten Alltagstes­t absolviert, liegt an Bad Hersfeld. Die Stadt bezeichnet sich selbst als »Smart City«, also vernetzte Stadt. Sie hat der Post den Test durch eine Ausnahmege­nehmigung ermöglicht. So gelte der Roboter-Wagen als »elektrisch unterstütz­ender Handkarren mit virtueller Deichsel«, sagt Bürgermeis­ter Thomas Fehling (parteilos). Diese Kategorie sei in der Straßenver­kehrsordnu­ng eigentlich nicht vorgesehen. Bad Hersfeld will den Roboter auch in der eigenen Verwaltung testen.

Über die Technik und den Preis von » Postbot« schweigt die Deutsche Post – aus Wettbewerb­sgründen. Gerdes verrät nur, dass das elektrisch­e Gefährt auf Basis eines französisc­hen Roboters entwickelt wurde. Und dass der Roboter die Beine des Zustellers erkenne.

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Foto: dpa/Swen Pförtner Immer bei Fuß: »Postbot« folgt Zustelleri­n Cindy Rexrodt

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