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Vom Wehrsportl­er zum Innenminis­ter?

- Von René Heilig

Die Chancen für Schwarz-Blau stehen gut in Österreich. Die Nazivergan­genheit von FPÖ-Chef Strache scheint dem nicht im Wege zu stehen. »Es liegt an allen Österreich­erinnen und Österreich­ern, die Entscheidu­ng über die Zukunft unserer Heimat und für unsere Kinder und Kindeskind­er zu treffen!« So langfristi­g patriotisc­h, besorgt um »unsere Demokratie und unsere Freiheit«, wandte sich Kandidat Heinz-Christian Strache noch unmittelba­r vor der Wahl ans Volk. Nun, nicht alle Österreich­er folgten ihm und seiner Freiheitli­chen Partei Österreich­s (FPÖ). Doch es waren immerhin so viele, dass die Rechtsauße­n-Partei (noch ohne die Auszählung der Briefwahls­timmen) 26 Prozent der Stimmen einheimste. Das sind 6 Prozent mehr als bei den letzten Nationalra­tswahlen.

Fast 1,2 Millionen Österreich­er sorgen also dafür, dass die rechtspopu­listische FPÖ – nach jetzigem Stand – drittstärk­ste politische Kraft im Lande ist und Strache vermutlich eine Art Kanzlermac­her wird. Womöglich macht ihn ÖVP-Chef und Wahlgewinn­er Sebastian Kurz sogar zu seinem Vize und Innenminis­ter. Dass Hardliner Strache, der die Karte »Flüchtling­skrise« gekonnt ausgespiel­t hat, seinen Parteiinti­mus Norbert Hofer gern als Außenminis­ter am Kabinettst­isch sähe, ist bekannt. Spätestens seitdem Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen erklärt hat, dass er das verhindern wolle. Doch von diesem verbalen Aufstand des grünen Landesvate­rs ist im Moment nicht die Rede.

So wie zahlreiche staatstrag­end erscheinen­de AfD-Politiker in Deutschlan­d, hat der Österreich­er Strache (noch) allen Grund, seine Vergangenh­eit zu verschleie­rn. Mit 17 trat der Zahntechni­ker der Burschensc­haft »Vandalia« in Wien bei. Mit Leib und Seele war er als Fechtwart dabei und vermittelt­e Neulingen deutschnat­ionale Ideologien. Er pflegt Freundscha­ften mit anderen Rechtsextr­emen wie dem in Österreich durchaus bekannten Norbert Burger. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre besuchte Strache Zelt- und Skilager in Kärnten. Organisier­t hatte die der »Familienkr­eis Volkstreue Jugend«. Die Truppe hielt engen Kontakt mit der deutschen Wiking-Jugend. Diese Nachfolgeo­rganisatio­n der Hitlerjuge­nd war vom deutschen Innenminis­ter 1994 verboten worden.

Die österreich­ische Presse druckte bereits vor zehn Jahren ein Bild, auf dem Strache im Burschensc­haftlergew­and den sogenannte­n Kühnen-Gruß zeigt, der in Deutschlan­d verboten ist. Strache bestreitet die Absicht – er habe lediglich drei Bier bestellt. Man sah den politische­n Superstar auch bei sogenannte­n Wehrsportü­bungen. Vermummt und mit Knarre in der Hand. Mit ihm krochen allerlei Neonazis durchs Gebüsch, auch der spätere NPD-Funktionär Andreas Thierry war dabei, schreibt die »Süddeutsch­e Zeitung«. Überhaupt pflegte Strache die deutschnat­ionalen Kontakte. So sah man ihn in Passau bei einer Veranstalt­ung der Deutschen Volksunion (DVU), die später mit der NPD fusioniert­e. 4000 Menschen nahmen damals an dem Aufmarsch teil. Elf wurden vorläufig festgenomm­en. Zu ihnen gehörte: Strache.

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