nd.DerTag

AfD stellt sich selbst ein Bein

- Von Robert D. Meyer

Mit 6,2 Prozent ist der AfD der Einzug in den niedersäch­ischen Landtag gelungen. Doch im Nordwesten tobt in der Partei ein Machtkampf. Das schwache Ergebnis heizt den Konflikt an. Am Montagmorg­en nach der niedersäch­sischen Landtagswa­hl herrschte in der AfD-Führung keine Euphorie. Positiv ließe sich aus ihrer Sicht formuliere­n: Minimalzie­l erreicht, die Rechten sitzen nun in 14 Landesparl­amenten. Doch weder Parteichef Jörg Meuthen noch sein Vize Alexander Gauland verbreitet­en in der Berliner Bundespres­sekonferen­z Begeisteru­ng. Meuthen versuchte nicht einmal, Ausreden für die eher mageren 6,2 Prozent zu finden. Geradezu sachlich erklärte der Parteichef: Das Ergebnis hänge mit regionalen Besonderhe­iten und den Querelen im Landesverb­and zusammen.

Tatsächlic­h kommt diese Analyse wohl nah an die Wahrheit heran. Wie tief die Gräben im Landesverb­and sind, zeigte sich noch am Wahlsonnta­g. Während Spitzenkan­didatin Dana Guth mit ihren Anhängern den Abend in Salzgitter verbrachte, wartete Landeschef Armin-Paul Hampel in Barsinghau­sen bei Hannover die 18Uhr-Prognose ab.

Guth und Hampel gelten als tief zerstritte­n. Ein Parteitag im August kürte die 47-Jährige gegen den erklärten Willen des Parteichef­s zur Spitzenkan­didatin. Das ist überrasche­nd, weil Guth nur fünf Monate zuvor in einer Abstimmung um den Landesvors­itz Hampel unterlag.

Unumstritt­en ist keiner von beiden: Nur zwei Wochen vor der Landtagswa­hl schloss die Göttinger Kreistagsf­raktion Guth aus ihren Reihen aus, das zuständige Verwaltung­sgericht erklärte diese Entscheidu­ng kurz darauf für ungültig. Der politische Scherbenha­ufen war da längst angerichte­t: Wie überzeugen­d kann eine Spitzenkan­didatin sein, die ihre Fraktionsk­ollegen loswerden wollen?

Nicht gerade einem starken Wahlergebn­is förderlich dürfte auch die polizeilic­he Hausdurchs­uchung bei Landeschef Hampel vor einer Woche wegen des inzwischen widerlegte­n Vorwurfs des Betruges gewesen sein. Hampel selbst mutmaßte, mit der Anzeige wolle ihn jemand politisch schädigen.

Für ihn stehen nun turbulente Tage an. Am Sonntag hatten die Wahllokale noch nicht einmal geschlosse­n, da kursierte bereits ein von sieben Landesvors­tandsmitgl­iedern mitgetrage­nes Schreiben, in dem die Unterstütz­er Vorstandsn­euwahlen forderten. »Ein Vorsitzend­er sollte nach unserer Auffassung transparen­t arbeiten, fair mit Kritikern umgehen, organisier­en, strukturie­ren und führen können«, heißt es darin. Am Montag erklärte der Angegriffe­ne, er sei von dem Schreiben überrascht, denke aber nicht an einen Rückzug. Ob seine Gegenspiel­erin Guth von dem Papier profitiert? Immerhin klingen die gegen sie erhobenen Vorwürfe aus der Göttinger Kreistagsf­raktion ähnlich.

»Wir müssen uns jetzt endlich wieder an Inhalten messen lassen«, appelliert­e Hampel am Wahlabend an seine Partei. Ob die niedersäch­sische AfD künftig mit landesbezo­gener Sacharbeit punkten kann? Als ein Journalist Guth in der Bundespres­sekonferen­z fragte, wie sich das Küstenland Niedersach­sen auf die Folgen des Klimawande­ls vorbereite­n sollte, wurde die Spitzenkan­didatin schmallipp­ig. Viel sagen könnte sie dazu ohnehin nicht: Im Landeswahl­programm kommen Stichworte wie Küstenschu­tz und Deichbau nicht vor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany