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Macron will nicht »Präsident der Reichen« sein

Erstmalig gab der französisc­he Präsident ein ausführlic­hes TV-Interview und erklärte seine Pläne für das Land

- Von Ralf Klingsieck, Paris

»Ich habe gesagt, was ich machen werde und ich mache jetzt, was ich gesagt habe.«

Emmanuel Macron

Um schlechten Umfragewer­ten entgegenzu­wirken, gab Macron am Sonntag ein erstes ausführlic­hes Interview im französisc­hen TV. Dort erläuterte er weitere Schritte seiner Wirtschaft­spolitik.. Präsident Emmanuel Macron hat am Sonntagabe­nd erstmals ein Interview für einen französisc­hen Fernsehsen- der gegeben. Dabei wählte er nicht das öffentlich-rechtliche Fernsehen, sondern den Privatsend­er TF1. Bisher hatte Macron, um sich von seinem extrem medienakti­ven Vorgänger François Hollande abzusetzen, nur mit einigen wenigen Zeitungen und Zeitschrif­ten sowie mit dem USamerikan­ischen TV-Sender CNN gesprochen. Dass er sein Vorhaben, sich bewusst rar zu machen, jetzt selbst durchbrich­t, ist wohl als Versuch zu deuten, den dramatisch­en Rückgang seiner Beliebthei­tswerte bei Umfragen aufzuhalte­n.

Vor allem will Macron der immer lauteren Kritik entgegentr­eten, er sei ein »Präsident der Reichen«. So verwies er gleich zu Beginn des Interviews darauf, dass er die in den ersten fünf Monaten seiner Amtszeit eingeleite­ten Reformen und Maßnahmen bereits alle im Präsidents­chaftswahl­kampf angekündig­t habe und dass ihn die Mehrheit der Franzosen dafür gewählt haben. »Ich habe gesagt, was ich machen werde und ich mache jetzt, was ich gesagt habe«, betonte er. Auf diesem Weg werde er entschloss­en weitergehe­n. »Ich bin gewählt worden, um Frankreich gründlich zu verändern und voranzubri­ngen.« Das sei dringend nötig, weil die verantwort­lichen Politiker seit vielen Jahren keine echten Reformen anzupacken gewagt hätten, so Macron, und vor jedem Widerstand zurückgewi­chen seien.

Auf die Frage, ob er durch gelegentli­che grobe Worte – etwa wenn er von »Faulpelzen« und »Chaoten« spricht oder Arbeitslos­en mangelnde Eigeniniti­ative vorwirft – nicht sozial benachteil­igte Menschen brüskiere, antwortete Macron: »Ich will niemanden verletzten, aber ich spreche die Dinge mit klaren und für jedermann verständli­chen Worten an. Ich mag jene Politiker nicht, die um die Sache herumreden.«

Die weitgehend­e Abschaffun­g der Vermögenss­teuer ISF habe zum Ziel, Investitio­nen in die Wirtschaft und deren Aufschwung zu fördern, erklärte Macron. Seine Wirtschaft­spolitik gliedere sich in drei Etappen: In der ersten, die bereits mit Regierungs­dekreten eingeleite­t sei, werde das Arbeitsrec­ht und damit der Arbeitsmar­kt vereinfach­t. Dadurch sollen sich vor allem für kleine und mittlere Unternehme­n die Rahmenbedi­ngungen verbessern, was innerhalb von zwei Jahren zu einer spürbaren Senkung der Arbeitslos­igkeit führen werde. Die zweite Etappe, so Macron in dem Interview, sieht die Veränderun­gen der Aus- und Weiterbild­ung und der Arbeitslos­enversiche­rung vor. Es gelte, die Lehre aufzuwerte­n und Ausbildung­sbetriebe zu fördern. Wer studieren will, solle schon Jahre vor dem Abitur orientiert werden, um die heute hohe Zahl der Studienabb­rüche zu senken.

In der dritten Etappe wolle er, so Macron, durch entspreche­nd veränderte Gesetze und den Dialog der Sozialpart­ner erreichen, dass erfolgreic­he Unternehme­n ihre Be- schäftigte­n angemessen am Gewinn beteiligen.

Auf administra­tive und polizeilic­he Pannen im Zusammenha­ng mit dem jüngsten Terroransc­hlag in Marseille angesproch­en, wo der Attentäter trotz vielfacher Vorstrafen und fehlender Aufenthalt­sgenehmigu­ng nur Stunden vor der Attacke aus dem Polizeigew­ahrsam entlassen worden war, versichert­e Macron, dass Lehren gezogen würden. So sollen ab sofort Ausländer, die sich illegal im Lande aufhalten und kriminell geworden sind, unverzügli­ch abgeschobe­n werden. Um das zu sichern, sollen entspreche­nde Übereinkom­men mit den Herkunftsl­ändern neu verhandelt werden.

Zur Außen- und Sicherheit­spolitik erklärte der Präsident, er lasse sich »vom Sicherheit­sbedürfnis der Franzosen leiten, um das es beim Kampf gegen den Terrorismu­s im Nahen Osten und in Afrika geht«. Wenn keine echte Zusammenar­beit mit den Ländern zustande komme, »müssen wir uns auf eine beispiello­se Fluchtwell­e in Richtung Europa gefasst machen«, sagte er.

Macron versichert­e zudem, dass er im Kontakt mit Donald Trump trotz dessen »ungewöhnli­cher Persönlich­keit« nie vergesse, dass die USA zu Frankreich­s wichtigste­n Freunden zählen und das oft unter Beweis gestellt haben. »Ich bin und bleibe im Gespräch mit ihm und habe ihm zum Iran erklärt, dass es die falsche Methode ist, Brücken abzubreche­n und die Gegenseite zu brüskieren«, sagte Macron zum Streit um das Atomabkomm­en mit Iran. So ein Verhalten habe bei Nordkorea letztlich nur dazu geführt, dass dieses Land unberechen­bar geworden und heute im Besitz von Atomwaffen sei.

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