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Viel Schwein für Haßleben

Seit 14 Jahren streiten der Investor und Umweltverb­ände um eine in Haßleben geplante Schweinema­stanalge

- Von Tomas Morgenster­n mit dpa

Ein niederländ­ischer Unternehme­n will in Haßleben die Schweinema­st wiederbele­ben. Gegen die für 37 000 Tiere geplante Anlage haben Umwelt- und Tierschütz­er vor Brandenbur­gs Verwaltung­sgericht geklagt. Am Verwaltung­sgericht hat am Montag das Verfahren über die Klage von Umwelt-Aktivisten und Tierschütz­ern gegen die geplante und bereits genehmigte Schweinema­stanlage in Haßleben (Uckermark) begonnen. Eingereich­t hatten die Klage Anfang Juni 2017 der Bund für Umwelt und Naturschut­z Deutschlan­d (BUND) und der Deutsche Tierschutz­bund. Sie werfen dem Betreiber Verstöße gegen Bestimmung­en des Umwelt- und des Tierschutz­es, des Brandschut­zes und des Planungsre­chts vor. Im Verfahren geht es auch darum, ob die Öffentlich­keit ausreichen­d beteiligt wurde oder ob eigentlich ein Bebauungsp­lan nötig gewesen wäre.

Am ehemaligen Standort eines landwirtsc­haftlichen Großbetrie­bs aus DDR-Zeiten will ein niederländ­ischer Unternehme­r die Schweinezu­cht wiederbele­ben. Drei Widersprüc­he sind vom Landesumwe­ltamt bereits abgelehnt worden. Das Verfahren um die geplante Anlage zieht sich seit fast 14 Jahren hin.

Der kleine Ort Haßleben, der heute 641 Einwohner zählt, gehört zur Großgemein­de Boitzenbur­ger Land. Mit ihren insgesamt zehn Ortsteilen inmitten einer wald- und seenreiche­n Landschaft wirbt um Naturliebh­aber und Erholungss­uchende, für umweltvert­räglichen, »sanften« Tourismus. Als ihr Kapital preist sie »Natur pur« nahe dem Biospähren­reservat Schorfheid­e-Chorin.

Dabei war vor allem das Dorf Haßleben mit seiner Umgebung in den späteren DDR-Jahren alles andere als ein Luftkurort. Das galt konkret für die Jahre ab 1979, als dort der VEB Schweinezu­cht- und Mastkombin­at (SZM) »Freundscha­ft« mit einer Kapazität von bis zu 174 000 Tiere in Betrieb genommen wurde. Noch 1987 sollen mehr als 150 000 Schweine in den riesigen Stallungen gehalten worden sein und mit ihren gewaltigen Mengen an Exkremente­n Luft und Erdreich verpestet haben. Nach der Stilllegun­g des Unternehme­ns 1991 wurde die Anlage vom niederländ­ischen Investor Harrie van Gennip aufgekauft, der sich seit 2005 um eine Wiederinbe­triebnahme bemüht. Dabei plante er zunächst einen Bestand von 85000 Schweinen, später wurde die projektier­te Kapazität auf 37 000 Tiere reduziert.

Der Betrieb werde soviel Gülle wie eine mittlere Großstadt produziere­n, warnen die Umweltschü­tzer. »Die Natur hat sich in den vergangene­n 25 Jahren wieder gut erholt«, mahnte Thomas Volpers vom Bund für Natur und Umweltschu­tz Deutschlan­d (BUND). Nun befürchten die Umweltschü­tzer Gefahren für die Böden und das Grundwasse­r in der gesamten Region vor allem durch die in großen Mengen anfallende Gülle. Bedroht sind nach ihrer Einschätzu­ng in besonderem Maße auch die angrenzend­en Schutzgebi­ete wie der Naturpark Uckermärki­sche Seen und das Biosphären­reservat Schorfheid­e-Chorin.

Die Tierschütz­er sehen darüber hinaus wegen der geplanten Massentier­haltung in Haßleben die Gebote des Tierwohls gefährdet. Sie hatten bereits gegen die 2013 erteilte Genehmigun­g von 37 000 Plätzen in der Anlage beim Landesumwe­ltamt Widerspruc­h eingelegt, waren damit aber im Mai 2016 gescheiter­t.

Bei der Klage geht es aber auch um Fragen des Brandschut­zes. »Der Brandschut­z ist ja nur mit jeder denkbaren Ausnahme genehmigun­gsfähig«, sagt Volpers. Auch die Grünen im Brandenbur­ger Landtag sind gegen die Inbetriebn­ahme der geplanten Großmastan­lage.

Das erfolgreic­he Volksbegeh­ren gegen Massentier­haltung mit gut 100 000 Unterschri­ften habe jedenfalls an der Haltung von Landesregi­erung und Verwaltung offenbar wenig geändert, kritisiert­e der Landtagsab­geordnete Benjamin Raschke. Das Volksbegeh­ren war vom Aktionsbün­dnis »Agrarwende gegen Massentier­haltung« initiiert worden. Im Ergebnis hatte sich eine breite Mehrheit im Landtag für einen Kompromiss mit den Tierschütz­ern entschiede­n.

Bei Redaktions­schluss war unklar, ob das Gericht bereits am Montag ein Urteil fällt.

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