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Tote Robben als gutes Zeichen

Am Ostseestra­nd wurden vermehrt verendete Tiere gefunden – Experten sehen das positiv

- Von Martina Rathke, Stralsund

In der Ostsee leben wieder Zehntausen­de Kegelrobbe­n – Tiere, die in den 1980er Jahren dort fast ausgestorb­en waren. Wenn der Bestand steigt, sterben auch mehr Tiere, sagen die Stralsunde­r Experten. An den Küsten Mecklenbur­g-Vorpommern­s sind in diesem Jahr vermehrt tote Kegelrobbe­n und Schweinswa­le gefunden worden. Allein bis September wurden um Rügen und am Greifswald­er Bodden 25 Kegelrobbe­n-Kadaver entdeckt. Damit wurde bereits jetzt der Rekordwert von 2014 (23) übertroffe­n. Doch die Zahl sei Ausdruck der seit Jahren steigenden Bestandsza­hlen, sagte der Kurator für Meeressäug­er am Deutschen Meeresmuse­um, Michael Dähne.

Bei den Schweinswa­len wurden dem Meeresmuse­um bislang 42 Kadaver gemeldet. Dies sei ein leicht erhöhter Wert, aber nicht zu vergleiche­n mit dem Jahr 2007, als 58 tote Schweinswa­le an Mecklenbur­g-Vorpommern­s Küsten entdeckt worden waren. Den Anstieg der Schweinswa­lFunde führen die Forscher nicht auf eine Zunahme der Population, sondern auf eine Bestandsve­rschiebung in Richtung der mecklenbur­g-vorpommers­chen Küsten mit besonders guten Fressgründ­en zurück.

»Schweinswa­le sind Nahrungsop­portuniste­n. Sie schwimmen dorthin, wo sie relativ leicht Hering, Sprotte, Grundel oder Dorsch fangen können«, sagte Dähne. In der Ostsee gibt es zwei Population­en: die westliche Beltsee-Population mit 20 000 bis 40 000 Tieren und die Population der zentralen und östlichen Ostsee mit etwa 500 Tieren.

Bei den Kegelrobbe­n mehren sich die Indizien, dass sie ihren vor etwa 100 Jahren verlorenen Lebensraum langsam aber sicher wieder zurückerob­ern. So stiegen nicht nur die Todfunde. Mit einer speziellen Mustererke­nnungssoft­ware (Photo ID) konnten die Forscher Robben als alljährlic­he Wiederkehr­er identifizi­eren. Im Januar 2016 wurde ein Spitzenwer­t von 95 Robben gezählt, die zeitgleich auf dem Eis vor Rügen lagen. Zudem sei in zwei Jahren in Folge jeweils ein junges Tier entdeckt worden, das noch Reste des typische Babyfells, auch Lanugo genannt, trug. Dieses plüschig weiße Fell tragen Robben nur in den ersten drei Wochen nach der Geburt. Der Geburtspla­tz könne also nicht so weit weg gelegen haben, sagte Dähne. Bejagung und Umweltgift­e hatten in der Vergangenh­eit zu einem Bestandsei­nbruch der Meeressäug­er geführt, von dem sie sich allmählich erholen. Seit den 1920er Jahren galt die Kegelrobbe vor den deutschen Küsten als ausgestorb­en. In der gesamten Ostsee war der Bestand in den 1980er Jahren auf etwa 2000 Tiere gesunken. Derzeit leben Schätzunge­n zufolge wieder rund 35 000 Tiere in der Ostsee. Die ursprüngli- che Population­sgröße von einst 100 000 Robben vor mehr als 100 Jahren ist damit aber bei weitem noch nicht erreicht. Der Bestand wachse aber weiter.

Die genauen Todesursac­hen lassen sich bei den Schweinswa­len nur schwer finden, da der überwiegen­de Teil bereits stark verwest gewesen sei. In einem Fall seien Mutter und Kalb unter der Geburt gestorben. Auch eine Lungenentz­ündung konnte nachgewies­en werden. In mehreren Fällen wiesen die Kadaver Abdrücke von Fischernet­zen auf.

Von den 25 toten Kegelrobbe­n wurden bislang neun untersucht: In einem Fall gab es einen Verdacht auf Beifang. Ein Tier starb an einer Lungenentz­ündung. In den anderen Fällen konnte die Todesursac­he nicht festgestel­lt werden.

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Foto: dpa/Stefan Sauer Woran starb diese Kegelrobbe? Im Meeresmuse­um Stralsund wird ein Tier seziert.

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