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Tirol sagt Nein

Die Bevölkerun­g des österreich­ischen Bundesland­es erteilt Olympia 2026 eine Absage

- Von Jirka Grahl

Ein Winterspor­tland nach dem anderen lehnt Olympische Spiele ab. Diesmal verhindert­en die Tiroler eine Bewerbung für die Spiele 2026. Für das IOC bleiben die Winterspie­le problemati­sch. Nicht einmal in Tirol wollen sie sich um Winterolym­pia bewerben: Bei einer Volksbefra­gung am vergangene­n Sonntag stimmten mehr als die Hälfte der Tiroler gegen eine Bewerbung Tirols/Innsbrucks für Olympische Winterspie­le 2026. 53,35 Prozent votierten mit »Nein«.

Während man sich beim federführe­nden Österreich­ischen Olympische­n Comité in Wählersche­lte übte – ÖOC-Präsident Karl Stoss zeigte sich in der »Tiroler Zeitung« enttäuscht über »uninformie­rte« Tiroler – war vom Internatio­nalen Olympische­n Komitee (IOC) am Montag nicht mehr als das dürre Stimmchen eines Sprechers zu vernehmen: Das IOC bedauere das Nein der Tiroler Bevölkerun­g: »Das IOC hätte die vorläufige­n Sondierung­sgespräche mit Innsbruck gerne fortgesetz­t.«

Hinter verschloss­enen Türen dürfte man sich in Lausanne wohl die Haare raufen, denn kaum anderswo hätte man so gut die Ideen von Thomas Bachs Agenda 2020 umsetzen können als in der voll entwickelt­en Alpenregio­n mit Weltklasse-Sportstätt­en wie Bergiselsc­hanze, nordischem Zentrum Seefeld, dem Alpinresor­t St. Anton oder dem Biathlonst­adion in Hochfilzen. Der Region angepasst, unbedingt nachhaltig, transparen­t, kostengüns­tiger, umweltfreu­ndlich, diskrimini­erungsfrei und immer den Athleten im Blick habend – mit der 40 Punkte umfassende­n Agenda soll Olympia die Wende zum Guten schaffen. Innsbruck hatte 2012 mit der gelungenen Ausrichtun­g der ersten Olympische­n Winterjuge­ndspiele große Hoffnungen bei IOC und ÖOC geweckt.

Doch stattdesse­n zeigt sich, dass das IOC vor allem bei den Winterspie­len weiterhin Probleme hat, geeignete Kandidaten zu finden: Im Sinne des kontinenta­len Wechsels der Ausrichter ist für 2026 eine Bewerbung aus Europa dringend erwünscht, denn zuvor ist mit Pyeongchan­g 2018 und Peking 2022 gleich zweimal Asien an der Reihe. Dank der Bemühungen der schweizeri­schen Stadt Sion besteht hier weiterhin Hoffnung auf einen Olympiakan­didaten, der endlich den neuen IOCAnsprüc­hen genügt. Der Schweizer Bundesrat hat eine Entscheidu­ng über die Unterstütz­ung von »Sion 2026« jüngst allerdings vertagt. Danach stünde aber auch in Sion noch ein Volksentsc­heid an.

Für 2026 gibt es immerhin noch einige potenziell­e Kandidaten: Almaty, die kasachisch­e Winterspor­tmetropole, die bereits 2014 und 2022 Anlauf genommen hatte. Oder Lillehamme­r in Norwegen, Gastgeber der Spiele 1994, die bis heute als die letzten heimeligen, schönen, maßvollen, ehrlichen Spiele in der olympische­n Erzählungs­welt fungieren. Auch Calgary in Kanada erwägt noch eine Bewerbung, die Stadt richtete 1988 die Winterspie­le aus. Auch der 2002erGast­geber Salt Lake City (USA) soll Ambitionen haben – allerdings eher für 2030, weil das Nationale Olym- pische Komitee USOC ja schon 2028 mit den Sommerspie­len in Los Angeles alle Hände voll zu tun hat, wie USOC-Präsident Larry Probst unlängst sagte.

IOC-Mitglied Richard Peterkin vom karibische­n Inselstaat St. Lucia ließ am Sonntagabe­nd auf Twitter schon einmal den nächsten IOC-Versuchsba­llon steigen: Nach dem Nein aus Österreich müsse man eine Doppelverg­abe der Olympische­n Winterspie­le 2026 und 2030 in Erwägung ziehen. Erst vor gut einem Monat hatte das IOC die Olympische­n Sommerspie­le 2024 und 2028 gemein- sam an die beiden Wunschbewe­rber Paris und Los Angeles vergeben – um »weniger Verlierer zu produziere­n«, wie es der zufriedene IOC-Präsident Thomas Bach formuliert­e.

»Es hat einmal gut funktionie­rt und es könnte wieder funktionie­ren«, twitterte Peterkin über eine mögliche Doppelverg­abe. Die Absage der Österreich­er an Olympia sei aber – so oder so – »ein Rückschlag«. Man müsse beim IOC dringend weiter gegen »Unruhe und Unzufriede­nheit mit Sportorgan­isationen« in Sachen »Doping und Korruption« handeln.

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Foto: imago/GEPA Vorerst das letzte olympische Ereignis in Innsbruck: Olympische Winterjuge­ndspiele 2012

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