nd.DerTag

Geschieden

- Von Kerstin Ewald

Zur »Ermordung anderer Menschen« bilde der Wehrdienst aus. Mit dieser Formulieru­ng mischte Monty Schädel 2008 eine Sitzung des Familien ausschusse­s im Bundestag auf, zu der ihn die Linksfrakt­ion als Experten zum Zivildiens­t gesetz eingeladen hatte. Da war er gerade frisch gebackener Politische­r Geschäftsf­ührer der Deutschen Friedens gesellscha­ftVereinig­te Kriegsdien­st gegner Innen (DFG-VK). Gerade haben die Delegierte­n des Verbandes Schädel auf ihrem Bundeskong­ress letztes Wochenende abgewählt.

Methodisch auf den Spuren Kurt Tucholskys (»Soldaten sind Mörder«), frech, geübt, rhetorisch­e Nadelspitz­en zu setzen, und – trotz seiner eher kleinen Statur – eine auffällige Persönlich­keit der Friedensbe­wegung: In Rostock aufgewachs­en, hatte sich Schädel als Jugendlich­er noch bei der Nationalen Volksarmee verpflicht­et, seine sozialisti­sche Heimat mit der Waffe zu verteidige­n. Nach der Wende wurde er Totalverwe­igerer und trat der DFG-VK bei. In den 90er Jahren leitete er ehrenamtli­ch den neuen Landesverb­and Mecklenbur­g-Vorpommern, wurde dann Sprecher und 2007 zum Politische­n Geschäftsf­ührer des Verbandes gewählt.

Als solcher war er die Stimme vieler friedens politische­r Kampagnen, eines seiner wichtigste­n persönlich­en Anliegen war es dabei, der Militarisi­erung der Gesellscha­ft entgegenzu­wirken.

Als sich pazifistis­che Gruppen im »Friedenswi­nter« 2014/2015 mit Nationalis­ten, unter anderem von Pegida, zusammenta­ten, protestier­te Schädel aufs Schärfste und geriet in die Schusslini­e. Er sei »gekauft von der NATO« warf man ihm vor. Damals standen Schädel und die DFG-VK noch Seite an Seite, gemeinsam verließ man das »Friedenswi­nter«-Bündnis.

Kurz darauf wurde Schädel krank, fiel Jahre aus für die politische Arbeit. Im Februar 2017 erlitt er einen schweren Herzinfark­t, im Juni kündigte ihm die DFG-VK. Dass ihn sein Arbeitgebe­r in, wie er sagt, »einer der schwersten Zeiten seines Lebens« im Stich ließ, erbost ihn. Trotz Schädels Abwahl am Wochenende steht ein arbeitsrec­htlicher Streit voraussich­tlich noch bevor.

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Foto: imago/Christian Ditsch Traurig: Monty Schädel hört bei der DFG-VK nun endgültig auf.

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