nd.DerTag

Durchsuchu­ng aufgrund von Kurdenfahn­e

Münchener zeigte verbotene YPG-Symbole auf Facebook

- Von Sebastian Bähr

Polizisten haben in München am Montagmorg­en eine Hausdurchs­uchung gegen einen Unterstütz­er der syrisch-kurdischen Miliz YPG/YPJ durchgefüh­rt. Fünf Beamte betraten laut Medienberi­chten gegen 6 Uhr die Wohnung von Kerem Schamberge­r, der als wissenscha­ftlicher Mitarbeite­r an der Universitä­t München arbeitet. Der 31-Jährige berichtet regelmäßig auf seinem Blog und in sozialen Netzwerken über die politische­n Entwicklun­gen in der Türkei sowie in den kurdischen Gebieten Syriens und des Irak.

Der Ermittlung­srichter begründete die Durchsuchu­ng mit dem Zeigen von YPJ-, YPG- sowie PYD-Fahnen auf Schamberge­rs Facebook-Profil. Die Staatsanwa­ltschaft erklärte gegenüber Medien, dass es keine Anklage gab und die Ermittlung­en von Amts wegen geführt werden. Bereits Mitte August hatte die Münchener Polizei mehrere Wohnungen vermeintli­cher Kurdenunte­rstützer mit besagter Begründung durchsucht. Gegenüber »nd« zeigte sich Schamberge­r empört: »Mit solchen Hausdurchs­uchungen macht sich die bayerische Polizei und Justiz zum Handlanger der AKP-Diktatur«, sagte der Kommunikat­ionswissen­schaftler und erklärte Marxist. Sie agiere damit ganz im Sinne des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, der immer wieder eine härtere Verfolgung von kurdischen Aktivitäte­n in Deutschlan­d gefordert hatte. Laut Schamberge­r beschlagna­hmten die Polizisten sein Handy, USB-Sticks sowie seinen Laptop.

Die kurdische Miliz YPG/YPJ ist der bewaffnete Arm der Partei PYD. Diese ist der Hauptpartn­er der US-geführten Koalition im Kampf gegen den Islamische­n Staat in Syrien. Die Vereinigte­n Staaten unterstütz­en die Miliz mit Waffen, auch der deutsche Nachrichte­ndienst BND soll nach Informatio­nen des Bayrischen Rundfunks mit ihr zusammenar­beiten. Die PYD sowie die YPG/YPJ sind weder in Deutschlan­d noch in der EU verboten.

Das Bundesinne­nministeri­um schränkte im März dennoch das Zeigen der entspreche­nden Organisati­onssymbole auf Demonstrat­ionen und in sozialen Netzwerken ein. Die verbotenen Zeichen würden laut einer Behördener­klärung vom April von der »PKK ersatzweis­e für ihre Zwecke verwendet«. Die Kurdische Arbeiterpa­rtei ist in Deutschlan­d seit 1993 verboten. Die Türkei hatte immer wieder darauf bestanden, dass die YPG mit der PKK gleichzuse­tzen wäre, die syrischen Kurden widersprac­hen.

Die Erklärung des Bundesinne­nministeri­ums vom März war de facto eine Konkretisi­erung des PKK-Verbots. Die Behörde liegt mit ihrer Einschätzu­ng der syrischen Kurden demnach näher bei der Bewertung der Türkei als etwa der USA. In dem »nd« vorliegend­en Durchsuchu­ngsbeschlu­ss im Falle Schamberge­rs wird die PYD nun als »Unterorgan­isation der PKK« bezeichnet.

»Es ist eine politische Entscheidu­ng der Union und SPD gewesen, den Hauptbündn­ispartner der Anti-IS-Koalition als terroristi­sch zu brandmarke­n«, sagte Kerem Schamberge­r zu dieser paradoxen politische­n Situation. Es stelle sich für ihn die Frage, wie die Regierung mit dem Widerspruc­h umgehen will, dass deutsche Tornado-Flieger an eben jene Verbündete­n Aufklärung­sbilder liefern. Arbeite die Bundeswehr etwa mit »Terroriste­n« zusammen?

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